Ukraine-Konflikt : Poroschenko: „Wir werden nichts abtreten“
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Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in Mariupol Bild: AP
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat die kürzlich noch umkämpfte Stadt Mariupol besucht. In einer Ansprache demonstriert er Entschlossenheit gegen Separatisten und Russland.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat während eines Besuchs in der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer mitgeteilt, seit dem Beginn des Waffenstillstands in der Ostukraine seien bereits 1200 ukrainische „Geiseln“ aus der Hand prorussischen Kämpfer befreit worden. Der Austausch aller Gefangenen war Teil des Abkommens von Minsk gewesen, das zu der gegenwärtigen Waffenruhe geführt hatte. Poroschenko besuchte Mariupol, eine Stadt an der potentiellen Landbrücke zwischen Russland und der annektierten Halbinsel Krim, am Montag. „Dies ist ukrainische Erde und wir werden sie an niemanden abtreten“, rief er in einer Ansprache. Er habe befohlen, zusätzliche Panzer, Raketenwerfer und Flugabwehrwaffen in die Stadt zu bringen.

Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Politischer Korrespondent für Russland und die GUS in Moskau.
Der am Freitag verabredete Waffenstillstand schien weitgehend zu halten. Die ukrainische Regierung teilte mit, die prorussischen Rebellen hätten zwar an fünf Stellen ihre Stellungen beschossen, aber es sei niemand getötet worden. Im Schwarzen Meer hat am Montag ein gemeinsames Manöver ukrainischer, amerikanischer, kanadischer, rumänischer und spanischer Schiffe begonnen. „Sea Breeze“ ist eine Routineübung, die in den vergangenen Jahren bereits 13 Mal gehalten worden ist.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf derweil dem ukrainischen Freiwilligenbataillon „Aidar“ vor, sich nördlich der Stadt Luhansk Verbrechen wie Entführung, Misshandlung, Diebstahl, Erpressung und womöglich auch Hinrichtungen schuldig gemacht zu haben. Man habe „Dutzende Fälle“ von Rechtsverstößen durch „Aidar“-Kämpfer zwischen Ende Juni und Ende August dokumentiert. Opfer der Verbrechen seien meist Bauern und Geschäftsleute geworden, denen vorgeworfen worden sei, mit den Separatisten zu kollaborieren.
Zwischen Russland und dem Nato-Mitglied Estland ist unterdessen ein Konflikt um die mutmaßliche Entführung eines estnischen Sicherheitsbeamten durch russische Sicherheitskräfte entbrannt. Nach estnischen Angaben wurde Eston Kohver, ein Mitarbeiter des Sicherheitspolizeiamts (Kaitsepolitseiamet – Kapo) am Freitagmorgen am Grenzübergang Luhamaa von einer Gruppe von Leuten entführt, die von russischer Seite auf estnisches Territorium vorgedrungen sei. Kohver sei im Einsatz gegen Schmuggler gewesen. Die Eindringlinge hätten Rauchgranaten verwendet, Telefon- und Radiosignale seien gestört worden.
Zwei Monate Haft wegen Spoinageverdachts
In einer ersten Reaktion hatte die Kapo am Freitag mitgeteilt, es gebe anscheinend keine politischen Motive für die Entführung. Bei einer gemeinsamen Patrouille estnischer und russischer Grenzschützer wurden Fußspuren in dem betreffenden Grenzgebiet entdeckt, die nach Russland führten. Doch am Freitagabend erklärte der russische Inlandsgeheimdienst FSB, ein Mitarbeiter der Kapo sei im nordwestrussischen Gebiet Pskow festgenommen worden. Er habe eine Pistole, 5000 Euro, Aufnahmegeräte und weitere Gegenstände, die für eine Geheimdienstmission sprächen, bei sich gehabt.
Am Samstag ordnete ein Moskauer Gericht an, Kohver wegen Spionageverdachts zwei Monate in Haft zu nehmen. Zudem strahlte das russische Staatsfernsehen Filmaufnahmen von Kohver in Handschellen aus. Am Montag meldete die Nachrichtenagentur Interfax, Kohver weise die Vorwürfe zurück. Er habe nicht allein gehandelt, es könne weitere Festnahmen geben. Der FSB hatte Kohver vor drei Jahren vorgeworfen, Russen in Estland als Geheimagenten anzuwerben.
Estnische Sicherheitsbeamte und Politiker brachten den Fall mit der Ukraine-Krise in Zusammenhang. Vorige Woche hatte der amerikanische Präsident Barack Obama Estland besucht und das Land der Rückendeckung der Vereinigten Staaten angesichts der Bedrohung durch Russland versichert. Gut ein Viertel der estnischen Bevölkerung sind ethnische Russen. Das Außenministerium in Tallinn teilte mit, Kohver werde in Moskau konsularische Hilfe verwehrt. Es forderte, Kohver nach Estland zurückzubringen.