Terror in Istanbul : Türkische Regierung vermutet IS-Miliz hinter Anschlag
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Polizisten am Mittwochmorgen am Flughafen in Istanbul Bild: Reuters
Wieder erschüttert ein Anschlag die Millionenmetropole Istanbul. Ziel ist diesmal der bei vielen Reisenden beliebte Atatürk-Flughafen. Die türkische Regierung vermutet die Terrororganisation „Islamischer Staat“ hinter der Tat. Hinweise auf deutsche Opfer gibt es bislang nicht.
Die türkische Regierung vermutet die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) hinter dem Anschlag auf den Flughafen Istanbul. Die Indizien deuteten auf eine Drahtzieherschaft der Miliz hin, sagte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim am Mittwochmorgen bei einem Besuch am Anschlagsort. Er sprach von drei Selbstmordattentätern, zu deren Identität oder Herkunft er aber keine Angaben machte.
Mindestens 41 Menschen sind ums Leben gekommen. Bei den Toten handelte es sich nach türkischen Regierungsangaben um 38 Opfer und die drei Selbstmordattentäter. Mindestens 230 Menschen wurden bei dem Angriff des Selbstmordkommandos auf den größten Flughafen der Türkei verletzt. Unter den Opfern seien auch Ausländer, darunter Saudis, Iraker, ein Tunesier, ein Iraner, ein Chinese, ein Ukrainer sowie ein Jordanier. Die Nationalität der Attentäter ist noch unklar.
„Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass Deutsche betroffen sind“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in der Nacht zu Mittwoch in Berlin. Das Amt arbeite gemeinsam mit den deutschen diplomatischen Vertretungen in der Türkei und den zuständigen türkischen Behörden „mit Hochdruck“ an der weiteren Klärung.
Am Mittwochmorgen ist unterdessen ist der Luftverkehr wieder aufgenommen worden. Erste Flüge von Turkish Airlines landeten am frühen Morgen. Der Sender CNN Türk berichtete, Reisende könnten inzwischen auch wieder ins Terminal. Der Angriff sorgt allerdings für ein massives Chaos im Flugverkehr. Turkish Airlines strich für Mittwoch mehr als 340 Flüge. Die Airline bot allen Reisenden mit Buchungen von oder nach Atatürk Airport an, die Flüge kostenlos umzubuchen oder zu stornieren. In der Nacht waren etliche ratlose Reisende vor dem Flughafen gestrandet, die vor den Terrorangriffen aus dem Terminal geflohen waren.
Dutzende Tote : Selbstmordanschlag auf Istanbuler Flughafen
Flüge von Berlin-Tegel nach Istanbul wird es am Mittwoch wohl keine geben. Dies sagte Flughafensprecher Lars Wagner der Deutschen Presse-Agentur. Regulär wären es am Mittwoch fünf Flüge. Ob davon noch welche stattfinden werden, sei eine Entscheidung der Fluggesellschaften. Ob es Flüge von Istanbul nach Tegel geben werde, ist laut Wagner ebenfalls noch unklar. Auch eine am Dienstagabend mit 209 Passagieren und dem Ziel Istanbul von Berlin-Tegel aus eine Stunde verspätet gestartete Maschine der Turkish Airlines erreichte ihr Ziel nicht. Ursprünglich hieß es, sie solle nach Ankara umgeleitet werden. Laut Wagner kehrte die Maschine dann aber über der Slowakei um und flog zurück nach Tegel.
Nach Yildirims Angaben trafen die Attentäter am Dienstagabend mit dem Taxi am Flughafen ein. Im Terminalgebäude hätten sie dann das Feuer aus Schnellfeuergewehren eröffnet, ehe sie sich selbst in die Luft sprengten. Die Polizei habe versucht, zwei der Angreifer durch Schüsse zu stoppen, bevor sie die Kontrollstelle in der Ankunftshalle erreichten, teilten die Behörden mit. Doch die Attentäter hätten ihre Sprengsätze gezündet.
„Es gab eine gewaltige Explosion“, berichtete Ali Tekin, der in der Ankunftshalle auf einen Fluggast wartete. „Es war sehr laut. Die Decke stürzte herab. In dem Flughafen sieht es furchtbar aus.“ Eine Frau, die gerade aus Deutschland angekommen war, erzählte, sie habe sich auf den Boden geworfen, als sie die Explosion gehört habe. „Alle sind weggerannt. Überall lagen Körperteile. Alles war voller Blut.“
Der aus Südafrika stammende Paul Roos schilderte den Angriff eines der Attentäter in der Abflughalle als „wahllose Schießerei“. „Er hat einfach auf jeden geschossen, der ihm in die Quere kam. Er war ganz in Schwarz gekleidet und nicht maskiert.“ Roos sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er sei nur 50 Meter entfernt von dem Angreifer gewesen. „Es gab zwei Explosionen - kurz hintereinander. Dann hat er aufgehört zu schießen. Er drehte sich um und kam auf uns zu. Er sah sich um, ob ihn jemand aufhalten würde, und dann lief er zum Aufzug. Wir hörten weitere Schüsse, dann noch eine Explosion, und dann war es vorbei.“
Mängel an den Sicherheitsvorkehrungen des Flughafens, der zu den belebtesten in ganz Europa zählt, bestritt Yildirim. Aus türkischen Regierungskreisen hieß es, keiner der drei Selbstmordattentäter habe die Sicherheitsschleusen am Eingang des internationalen Terminals passiert. Augenzeugenberichte und Videos in sozialen Medien deuteten dagegen darauf hin, dass einer oder mehrere Angreifer in den Innenbereich des Terminals gelangten.