Türkei : Regierung droht mit Militäreinsatz
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Bald auch im Gezi-Park? Türkische Soldaten, hier bei einer Übung in Siirt Bild: REUTERS
„Streitkräfte können eingesetzt werden“: Ankara droht den Demonstranten im Gezi-Park mit dem Einsatz der Armee. In Istanbul und Ankara kam es abermals zu Zusammenstößen. Kanzlerin Merkel kritisierte das Vorgehen der türkischen Polizei.
Zu Beginn der dritten Woche der Unruhen in der Türkei hat die Regierung in Ankara am Montag damit gedroht, notfalls das Militär gegen die Demonstranten einzusetzen. „Die Polizei ist da. Wenn das nicht reicht, die Gendarmerie. Wenn das nicht reicht, die türkischen Streitkräfte“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Bülent Arinc, der zu Beginn der Krise gemeinsam mit Staatspräsident Abdullah Gül noch durch mäßigende Äußerungen aufgefallen war. Seine Regierung werde „alles Nötige“ unternehmen, um das Gesetz durchzusetzen, sagte Arinc weiter.
Innenminister Muammer Güler bezeichnete einen von mehreren Gewerkschaften für Montag ausgerufenen Generalstreik derweil als „illegal“. Es gebe den Plan, „die Menschen mit illegalen Aktionen wie Arbeitsniederlegungen und einem Streik auf die Straße zu holen“, so Güler. Dies werde von der Polizei jedoch unterbunden werden. Wer dennoch an Streiks teilnehme, habe juristische Konsequenzen zu gewärtigen, sagte der Innenminister. Er bekräftigte zudem, dass die türkische Regierung ein Gesetz verabschieden wolle, das es ermöglichen soll, Personen juristisch zu belangen, die „falsche oder provokative“ Äußerungen über die sozialen Medien verbreiten.
Nach Räumung des Gezi-Parks : Generalstreik in der Türkei angekündigt
In Istanbul und Ankara kam es auch am Montag wiederum zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten. Durch einige zentrale Stadtteile Istanbuls rund um den Taksim-Platz waren in der Nacht zum Montag zudem Schlägertrupps mit Rufen wie „Im Namen Allahs“ und „Erdogan“ gezogen. Wer sie geschickt hatte, blieb unklar. Erdogan hatte am Sonntag vor mehr als 250.000 Anhängern in Istanbul eine Rede gehalten und seine Gegner in scharfer Form kritisiert.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss sich am Montag der Kritik am Vorgehen der türkischen Polizei an: „Das, was im Augenblick in der Türkei passiert, entspricht nicht unseren Vorstellungen von Freiheit der Demonstration und der Freiheit der Meinungsäußerung.“ Sie könne nur hoffen, dass die Probleme friedlich gelöst würden, sagte die Kanzlerin. Außenminister Guido Westerwelle sagte, Berlin bedauere es, „dass die türkische Regierung sich nicht für den Weg des Dialogs und der Deeskalation entschieden hat, und wir kritisieren dies auch“. Das Auswärtige Amt riet zu besonderer Vorsicht in der Türkei: „Reisende werden gebeten, sich von Demonstrationen und Menschenansammlungen fernzuhalten“, hieß es in einem Reisehinweis.
Die landesweite Protestwelle hatte sich an der brutalen Räumung eines Protestlagers im Gezi-Park entzündet, das am Wochenende zum zweiten Mal geräumt wurde. Die Regierung plant dort den Nachbau einer osmanischen Kaserne mit Wohnungen, Geschäften oder einem Museum. Inzwischen richten sich die Demonstrationen aber vor allem gegen den autoritären Regierungsstil des islamisch-konservativen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan.