Syrische Chemiewaffen : Russland plant, Amerika zweifelt
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John Kerry vor dem Treffen mit russischen Sergej Lawrow Bild: dpa
Moskau präsentiert vor Beginn des amerikanisch-russischen Außenministertreffens in Genf einen Plan zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen. Washington verlangt von Assad zügig eine Geste guten Willens.
Russland hat den Vereinigten Staaten einem Medienbericht zufolge einen Vier-Punkte-Plan übergeben, der einen Weg zur Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen aufzeigen soll. Wie die für ihre engen Kontakte zum Außenministerium in Moskau bekannte Zeitung „Kommersant“ am Donnerstag berichtete, sieht der Plan als ersten Schritt vor, dass Syrien der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) beitritt. Der Plan sei Washington bereits am Dienstag vorgelegt worden.
Als weitere Schritte schlage Moskau vor: Syrien müsse die Lager- und Produktionsstätten seines Chemiewaffenarsenals deklarieren, dann den OVCW-Experten Zugang zu diesen Stätten gewähren und schließlich müsse in Zusammenarbeit mit den Experten entschieden werden, wie die Bestände zerstört werden sollen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Vereinigten Staaten und Russland die Waffen gemeinsam vernichten würden, schrieb die Zeitung. Die Vereinigten Staaten und Russland streben eine Einigung über konkrete Schritte zur Kontrolle der syrischen Chemiewaffen an. Dazu kommen die Außenminister beider Länder, John Kerry und Sergej Lawrow, am Donnerstagabend in Genf zusammen.
EU bereitet sich auf Unterstützung vor
Auch die Europäische Union bereitet sich darauf vor, bei der sicheren Verwahrung und Zerstörung der syrischen Chemiewaffen mitzuwirken. „Wir analysieren Möglichkeiten, wie die Pläne umgesetzt werden können“, sagte der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Donnerstag in Brüssel, stellte die Teilhabe allerdings unter Vorbehalt. „Wir werden aufgrund der künftigen Entwicklungen entscheiden, welche Optionen wir vorschlagen - und dazu gehört natürlich das Lawrow-Kerry-Treffen.“
Diplomaten in Genf erklärten, das Gespräch der beiden Außenminister würde zunächst ohne Beteiligung der Vereinten Nationen bilateral die jeweiligen Vorstellungen erörtern und nach einem Konsens suchen. Die Gespräche seien bis Freitag vorgesehen, könnten aber auch auf das Wochenende ausgedehnt werden. Russland hatte sich als Vetomacht im Weltsicherheitsrat bislang sämtlichen Sanktionen gegen das syrische Regime widersetzt.
Die amerikanischer Seite forderte vor Beginn der Gespräche von der syrischen Regierung ein Zeichen guten Willens. Präsident Baschar al Assad solle „schnell“ Umfang und Besonderheiten des syrischen Chemiewaffenarsenals offenlegen, sagt ein ranghoher amerikanischer Beamter des Außenministeriums in Genf. Ein zeitliches Limit, bis wann das Regime von Machthaber Baschar al Assad dem Vorschlag zur Beseitigung seiner Chemiewaffen nachkommen müsse, nannte er nicht.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich zuvor am Mittwoch überraschend direkt an das amerikanische Volk gewandt. In einem Online-Beitrag der „New York Times“ warnte er vor den Folgen eines amerikanischen Militärschlags auf Syrien. Ein Angriff würde weitere unschuldige Opfern nach sieh ziehen und könne „eine neue Terrorismus-Welle auslösen“, so Putin. Dadurch könne eine Lösung des Atomprogramm-Problems mit dem Iran erschwert, die israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen angeheizt und der Nahe Osten sowie Nordafrika weiter destabilisiert werden.
Putin vermutet Rebellen hinter Giftgasangriff
Putin betonte abermals, dass es keinen Zweifel am Einsatz von Giftgas in Syrien gebe. Im Gegensatz zum amerikanischen Präsidenten Barack Obama, der das syrische Assad-Regime für den Einsatz verantwortlich macht, erneuerte Putin den Verdacht, dass Rebellen hinter dem Giftgasangriff nahe Damaskus stehen würden. „Es gibt jeden Grund zu glauben, dass es nicht von den syrischen Streitkräften, sondern von den Oppositionskräften benutzt wurde, um eine Intervention zu provozieren“, schrieb Putin.
Genf : Beratungen über syrische Chemiewaffen
Für die Frage, ob der Angriff tatsächlich auf Assads Konto ging, gibt es bislang keine unumstößlichen Beweise. Klarheit sollen die Ergebnisse der UN-Chemiewaffeninspekteure schaffen. Die Vereinten Nationen wollen weiterhin keinen Termin für die Veröffentlichung des Berichts der UN-Experten zum Giftgaseinsatz in Syrien nennen.
Der amerikanische Geheimdienst CIA hat unterdessen nach einem Bericht der „Washington Post“ damit begonnen, Waffen an die syrischen Rebellen zu liefern. Wie das Blatt am Donnerstag online unter Berufung auf amerikanische Beamte berichtete, sind die Lieferungen in den vergangenen zwei Wochen in das arabische Land gelangt. Das bedeute zusammen mit der separaten Lieferung von Fahrzeugen und anderen Ausrüstungsgegenständen eine wesentliche Ausweitung der amerikanischen Rolle im syrischen Bürgerkrieg, schrieb das Blatt. Es würden leichte Waffen und Munition sowie Kommunikations- und medizinische Ausrüstung geliefert. Die Vereinigten Staaten hofften, dass alles zusammen die Fähigkeiten und Kapazitäten der Aufständischen in dem zweieinhalbjährigen Konflikt verbessere, hieß es in der „Washington Post“.