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Europäischer Gerichtshof : Deutschland muss amerikanischem Deserteur wohl kein Asyl gewähren

  • Aktualisiert am

Desertiert: der frühere amerikanische Soldat Andre Shepherd Bild: dpa

Der amerikanische Soldat Andre Shepherd desertierte 2007 und beantragte Asyl in Deutschland. Nach einer neuen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hat er aber nur geringe Chancen auf eine Anerkennung.

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          Deutschland muss dem amerikanischen Deserteur Andre Shepherd nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wohl kein Asyl gewähren. Der in Deutschland stationierte Soldat habe vor seiner Desertion im April 2007 nicht versucht, den Kriegsdienst zu verweigern, bemängelte der EuGH am Donnerstag in seinem Urteil. Dies schließe jeden Schutz nach der europäischen Flüchtlingsrichtlinie aus, falls Shepherd nicht beweisen könne, dass ihm kein Verfahren zur Kriegsdienstverweigerung zur Verfügung gestanden habe. Auch die Shepherd in den Vereinigten Staaten drohende Haftstrafe sei nicht als unverhältnismäßig oder diskriminierend zu bewerten, da die Vereinigten Staaten ein legitimes Recht zum Unterhalt von Streitkräften hätten. Die Entscheidung über Shepherds Asylantrag liegt nun bei den deutschen Gerichten, die seinen Fall im Lichte der Rechtsauslegung des EuGH abermals prüfen müssen.(Az: C-472/13)

          Shepherd hatte im August 2008 Asyl in Deutschland beantragt, weil ihm wegen seiner Desertion in den Vereinigten Staaten Strafverfolgung und soziale Ächtung drohten. Seine in Deutschland stationierte Einheit hatte er bereits im April 2007 verlassen, nachdem er seinen zweiten Marschbefehl für den Irak erhalten hatte. Seinen Asylantrag begründete Shepherd damit, dass er sich nicht mehr an einem rechtswidrigen Krieg und Kriegsverbrechen beteiligen wolle. Von September 2004 bis Februar 2005 war er im Irak im Einsatz gewesen, hatte dabei jedoch als Hubschrauber-Mechaniker weder an Militäroperationen noch an Kampfhandlungen unmittelbar teilgenommen. Nach der Rückkehr verlängerte er seine Dienstzeit.

          Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte Shepherds Asylantrag abgelehnt. Der amerikanische Bürger wandte sich daraufhin an das Bayerische Verwaltungsgericht in München gewandt, das die Luxemburger Richter um eine Auslegung der europäischen Flüchtlingsrichtlinie bat.

          In seinem Urteil stellt der EuGH zugunsten Shepherds fest, dass die Richtlinie nicht nur Kampftruppen, sondern auch Logistiker und andere nicht direkt an der Front eingesetzte Soldaten schütze. Auch müssten nicht zwingend bereits Kriegsverbrechen begangen worden sein. Es reiche aus, dass sie „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ begangen würden.

          Insgesamt spricht die Auslegung der Richter jedoch gegen ein Asyl für Shepherd. So sei bei einem Militäreinsatz auf Grundlage einer Resolution des UN-Sicherheitsrates gewährleistet, dass dabei keine Kriegsverbrechen begangen würden. Dies gelte grundsätzlich auch für Einsätze, „über die ein internationaler Konsens besteht“, urteilten die Richter. Die Vereinigten Staaten waren 2003 an der Spitze einer „Koalition der Willigen“ aus zahlreichen Staaten in den Irak-Krieg gezogen.

          Zudem nannte es der Gerichtshof wenig plausibel, dass Soldaten eines Staates zu Kriegsverbrechen veranlasst würden, der eben solche Verbrechen unter Strafe gestellt habe und dessen Gerichte diese auch ahndeten. Die Richter wiesen auch darauf hin, dass Shepherd sich nicht nur 2003 freiwillig bei der Armee verpflichtete, als der Irak-Krieg bereits lief, sondern dass er seine Dienstzeit nach dem ersten Einsatz im Irak sogar noch verlängerte. Ein Asyl Shepherds in Deutschland hätte das durch die NSA-Affäre ohnehin belastete Verhältnis zu den Vereinigten Staaten weiter strapaziert.

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