Sorge um Atomverhandlungen : EU sanktioniert Iran, ist aber uneins über Revolutionsgarde
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Bei den Revolutionsgarden nicht einer Meinung: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und Außenministerin Annalena Baerbock Bild: Reuters
Die Aufnahme der Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste wäre nur ein symbolischer Schritt – könnte aber das Ende der Atomverhandlungen mit Teheran bedeuten.
Nach den Hinrichtungen Oppositioneller in Iran hat die Europäische Union neue Sanktionen gegen Teheran verhängt. Die Außenminister belegten am Montag 18 Personen und 19 Organisationen mit Einreise-, Vermögens- und Geschäftssperren. Es war das vierte Sanktionspaket seit dem Beginn der Proteste gegen das Mullah-Regime im September vorigen Jahres.
Inzwischen stehen fast zweihundert Namen auf den Sanktionslisten, darunter etliche Kommandeure der Revolutionsgarde und der zu ihr gehörenden Basidsch-Miliz. Keine Fortschritte machten die Minister bei der Einstufung dieser dem geistlichen Führer unterstehenden Truppen als Terrororganisation. Deutschland, die Niederlande und Frankreich forderten den Auswärtigen Dienst auf, Optionen dafür zu prüfen.
Ein Gericht müsste Ermittlungen aufnehmen
Im November hatte sich Außenministerin Annalena Baerbock für die Aufnahme der Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste stark gemacht. Vorige Woche sprach sich auch das Europäische Parlament dafür aus. Ein solcher Schritt wäre symbolischer Natur, weil die Garde als Organisation schon seit 2010 EU-Sanktionen unterliegt. Gleichwohl könnte ein solcher Schritt dazu führen, dass sich Iran komplett aus den – seit Monaten brach liegenden – Verhandlungen über das Atomprogramm des Landes zurückzieht.
Davor hat der iranische Außenminister den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell gewarnt, der die Verhandlungen koordiniert. Borrell und der von ihm geleitete Auswärtige Dienst stemmen sich deswegen gegen die Einstufung der Revolutionsgarde als Terrororganisation. „Es ist keine gute Idee, weil es Fortschritte bei anderen Themen verhindert“, sagte ein leitender Beamter.
Unabhängig von der politischen Bewertung ist ein solches Vorgehen auch rechtlich schwierig. Baerbock selbst nannte es am Montag „mehr als komplex“. Maßgeblich ist nämlich nicht, „dass das Regime und die Revolutionsgarden ihre eigene Bevölkerung terrorisieren“, wie die Ministerin es formulierte. Vielmehr sieht ein gemeinsamer Standpunkt der EU-Staaten vor, dass eine zuständige Behörde, in der Regel ein Gericht, Ermittlungen wegen Terrorverdachts in einem Mitgliedsland aufnimmt und Beweise dafür vorweisen kann. Das ist bisher nicht der Fall. Geprüft werden soll nun, ob es auch möglich wäre, auf Grundlage einer Entscheidung in einem Drittland eine Listung vorzunehmen, etwa in den USA.
Die Außenminister berieten in Brüssel auch über Sanktionen gegen die Taliban. Die meisten Staaten und die EU haben ihre humanitäre Hilfe eingefroren, seit es die afghanischen Herrscher Frauen verboten haben, für internationale Organisationen zu arbeiten. Im nächsten Schritt könnten Mittel gekappt werden. „Wir können uns als internationale Gemeinschaft nicht zum Handlanger der Taliban machen“, sagte Baerbock.
Washington weitet Sanktionen aus
Auch die amerikanische Regierung weitet ihre Sanktionen gegen Iran aus. Diese träfen ranghohe Regierungsmitglieder und Kommandeure der iranischen Revolutionsgarden sowie deren wirtschaftlichen Arm, teilte das amerikanische Finanzministerium am Montag mit. Konkret würden die Strafmaßnahmen gegen den stellvertretenden Geheimdienstminister Irans und vier Befehlshaber der Revolutionsgarden verhängt, die für die gewaltsame Niederschlagung von regierungskritischen Protesten verantwortlich seien.
Außerdem werde ein Firmenverbund und fünf seiner Aufsichtsratsmitglieder ins Visier genommen, die die wirtschaftlichen Aktivitäten der Revolutionsgarden steuerten, hieß es. Das Eigentum der betroffenen Individuen und Körperschaften in den Vereinigten Staaten müsse eingefroren werden.
Die neuen Sanktionen seien mit der EU und Großbritannien abgestimmt. Man reagiere damit auf die anhaltenden schweren Menschenrechtsverstöße der Revolutionsgarden, die für das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten in dem Land verantwortlich seien.