Neue Verhandlungsposition : EU-Parlament verschärft Kurs in der Asylpolitik
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Eine Gruppe unbegleiteter Minderjähriger wartet am 28. März 2023 auf dem internationalen Flughafen Eleftherios Venizelos in Athen auf einen Flug nach Lissabon. Bild: AP
Der Innenausschuss des EU-Parlaments hat die Verhandlungsposition des Parlaments zur Reform des europäischen Asylsystems beschlossen – und den bisherigen Kurs verschärft. Nun sind die Staaten am Zug.
Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments hat am Dienstag nach jahrelangen Verhandlungen seine Position zur Reform des europäischen Asylsystems festgelegt. Das betrifft das „Screening“ von Antragstellern an der Außengrenze, die Einführung von Schnellverfahren sowie eines Solidaritäts- und Krisenmechanismus, mit dem Staaten entlastet werden, wenn ihr Asylsystem unter Druck gerät.
Die Verhandlungsmandate zu insgesamt vier Verordnungen müssen im April noch vom gesamten Parlament bestätigt werden. Da sie von einer breiten Mehrheit aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen getragen werden, ist das aber nur eine Formalie. Anschließend können erste Verhandlungen mit dem Rat beginnen, der allerdings seine Position zum umstrittensten Teil – der Verteilung von Asylbewerbern – bisher nicht festgelegt hat.
Der Ausschuss billigte, gegen die Stimmen von Grünen und Linken, einen Mechanismus zur Beschleunigung von Asylverfahren. Künftig soll in einem ersten Schritt festgestellt werden, wer aufgrund seines Herkunftslandes nur geringe Chancen auf Anerkennung hat oder gefälschte Papiere vorlegt. Diese Personen können für zwölf Wochen in Haft genommen werden, während derer ihr Anspruch ermittelt werden soll, einschließlich einer gerichtlichen Überprüfung. Bei einer Ablehnung sollen sie binnen weiterer drei Monate zurückgeführt werden. Familien mit Kindern unter zwölf Jahren und unbegleitete Kinder sind davon ausgenommen. Damit verschärft das Parlament seine bisherige Haltung deutlich.
Allerdings soll es den Staaten überlassen bleiben, ob sie das Grenzverfahren anwenden. Im Rat ist das umstritten, Deutschland und andere von Sekundärbewegungen betroffene Staaten dringen darauf, dass es verpflichtend wird.
Beim Solidaritätsmechanismus folgten die Abgeordneten dem komplizierten, von der Kommission im September 2020 präsentierten Verfahren, das mehrere Stufen der flexiblen Hilfe und erst am Ende eine Pflicht zur Übernahme von Antragstellern vorsieht. Eine wichtige Innovation lehnte der Ausschuss jedoch ab: die sogenannten Rückführungspartnerschaften, bei denen sich Staaten verpflichten sollen, abgelehnte Bewerber zurückzuführen. Gelingt ihnen das in einer bestimmten Frist nicht, so der Kommissionsvorschlag, müssen sie die Betroffenen bei sich aufnehmen. Diese Regelung soll Ungarn und andere Staaten, die gegen Umsiedlungen sind, dazu bringen, ihren Beitrag zur Lastenteilung zu leisten.
Ebenfalls am Dienstag lehnte es der Haushaltsausschuss des Parlaments mit einer linken Mehrheit ab, künftig „Zäune oder Mauern“ aus dem EU-Budget zu finanzieren. Die Mitgliedstaaten hatten sich im Februar dafür ausgesprochen, solche Mittel für „Grenzinfrastruktur“ aufzuwenden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte als Beispiel „Wachtürme“; der Ausschuss schließt das nicht ausdrücklich aus.