EU-Korruptionsskandal : Immunität von weiteren Verdächtigen aufgehoben
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Marc Tarabella vor der Abstimmung über die Aufhebung seiner Immunität am 2. Februar 2023 Bild: Reuters
Die belgische Bundesanwaltschaft kann gegen zwei weitere Sozialdemokraten ermitteln, die Europaabgeordneten Marc Tarabella und Andrea Cozzolino. Cozzolino soll gegen Geld Entschließungen verhindert haben.
Das Europäische Parlament hat am Donnerstag die Immunität von zwei sozialdemokratischen Abgeordneten aufgehoben, die im Korruptionsskandal von der belgischen Bundesanwaltschaft verdächtigt werden. Es handelt sich um Marc Tarabella aus Belgien und Andrea Cozzolino aus Italien. Beide beteuern ihre Unschuld. Sie wurden für die Dauer der Ermittlungen aus ihrer Fraktion ausgeschlossen und legten ihre parlamentarischen Ämter nieder.
Der 59 Jahre alte Tarabella wird von der Schlüsselfigur in dem Fall, dem früheren sozialdemokratischen Abgeordneten Pier Antonio Panzeri, bezichtigt, sich gegen die Zahlung von 120.000 bis 140.000 Euro für die Interessen Qatars verwendet zu haben. Sein Privathaus wurde im Dezember von der Polizei durchsucht. Zuletzt war er stellvertretender Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zu den Golf-Staaten und hatte Qatar gegen Kritik verteidigt.
Vermindertes Strafmaß für Panzeri
Im Bericht des Justizausschusses, der die Aufhebung der Immunität beider Abgeordneter einstimmig empfohlen hatte, wurde erstmals umrissen, wessen der 60 Jahre alte Cozzolino verdächtigt wird. Demnach könnte er an Korruptionshandlungen beteiligt gewesen sein, „die mit der Einmischung eines oder mehrerer ausländischer Staaten zwecks Einflussnahme auf die Debatten und Entscheidungen des Europäischen Parlaments im Zusammenhang stehen“. Dabei soll es insbesondere darum gegangen sein, „die Annahme parlamentarischer Entschließungen, die den Interessen dieser Staaten schaden könnten, im Austausch gegen Geldbeträge zu verhindern“.
Cozzolino war Mitglied des Unterausschusses für Menschenrechte und dort für die Aushandlung sogenannter Eil-Entschließungen zuständig, mit denen das Parlament akute Menschenrechtsverstöße anprangert. Außerdem leitete er die Delegation für die Maghreb-Staaten. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand soll auch Marokko versucht haben, durch Bestechung Einfluss auf das Parlament zu nehmen.
Panzeri kooperiert im Rahmen einer Kronzeugenregelung mit der belgischen Bundesanwaltschaft. Die sieht ein vermindertes Strafmaß vor, außerdem wurden Haftbefehle gegen seine Ehefrau und erwachsene Tochter in Italien fallen gelassen. Ob Panzeri inzwischen gegen weitere Abgeordnete ausgesagt hat, ist nicht bekannt. Ein Anwalt der ebenfalls inhaftierten früheren Vizepräsidentin des Parlaments Eva Kaili, einer griechischen Sozialdemokratin, hatte zuletzt behauptet, Panzeri werde Abgeordnete aus Italien, Frankreich und Deutschland belasten.