Treffen der Außenminister : Im Nahostkonflikt sind die EU-Staaten nicht einig
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Klare Worte gegenüber der Hamas: Außenminister Heiko Maas (SPD) vor der Videokonferenz der EU-Außenminister am Dienstag Bild: EPA
Die EU ist der wichtigste Geldgeber der Palästinenser. Doch Ungarn blockiert eine gemeinsame Erklärung zum jüngsten Gaza-Krieg und unterstützt vorbehaltlos die israelische Regierung.
Fast vier Stunden lang berieten die EU-Außenminister am Dienstag bei einer eilends einberufenen Sonderkonferenz über die Lage im Nahen Osten. Am Ende stand wieder einmal – Uneinigkeit. Er könne nicht für alle 27 Mitgliedstaaten sprechen, sagte der Außenbeauftragte Josep Borrell und fügte hinzu, er könne das „schwer nachvollziehen“. Ungarn hatte sich quergestellt, nicht zum ersten Mal. Für die anderen 26 Staaten fasste der Spanier die „allgemeine Richtung der Debatte“ so zusammen: Man verurteile den Raketenbeschuss der Hamas. Israel habe das Recht, sich dagegen zu verteidigen. Dies müsse aber „verhältnismäßig und im Einklang mit internationalem Recht“ erfolgen. In den vergangenen Tagen habe es zu viele zivile Opfer gegeben. „Das ist inakzeptabel“, sagte Borrell.
Seine Formulierungen stammten aus einer Erklärung, die der EU-Botschafter bei den Vereinten Nationen am Sonntag abgegeben hatte. Auch die hatte Ungarn abgelehnt, weshalb der Diplomat nur „im Namen der Europäischen Union“ sprechen konnte, nicht im Namen ihrer Mitgliedstaaten – ein feiner, aber nicht ganz kleiner Unterschied.
„Die Hamas hat bewusst eskaliert“
Die Stellungnahme enthielt auch eine scharfe Verurteilung: „Die EU wiederholt ihre starke Ablehnung der Siedlungspolitik Israels“, hieß es, mit besonderem Verweis auf den Sperrwall, der nicht der Waffenstillstandslinie von 1967 folgt, auf die Zerstörung palästinensischer Häuser und auf die Vertreibung von Palästinensern, wenn Gerichte ihre Häuser Israelis zusprechen. Das war früher mal europäischer Konsens. Aus dem ist Budapest ausgeschert. Die Regierung von Viktor Orbán ist freilich nicht die einzige, welche die Nähe zu Israel sucht. Auch Bulgarien, Rumänien und die Tschechische Republik haben schon laut darüber nachgedacht, ihre Botschaften in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen und damit dem Vorbild der Vereinigten Staaten unter Donald Trump zu folgen.
Auf der anderen Seite steht eine Gruppe israelkritischer Staaten, die von Luxemburg, Belgien, Irland und Schweden angeführt wird. Diese Staaten drohten noch vor einem Jahr damit, dass sie Palästina als Staat anerkennen würden, falls Israel große Teile des Westjordanlands annektiert. Damit hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Wahlkampf gedroht. Es kam dann allerdings ganz anders; Israel schloss überraschend Frieden mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain. Die Uneinigkeit ist trotzdem geblieben.
Deutschland nimmt traditionell eine vermittelnde Position ein. Zum einen steht es fest an der Seite Israels, wenn das Land angegriffen wird. Die Sicherheit Israels sei „Teil der deutschen Staatsräson“, so hat Bundeskanzlerin Angela Merkel das 2008 formuliert. Zum anderen beharrt Deutschland aber auch auf die Einhaltung des Völkerrechts und lehnt die israelische Siedlungspolitik ab. Außenminister Heiko Maas machte am Dienstag die Hamas für die gegenwärtige Lage verantwortlich: „Die Hamas hat mit ihrem Raketenterror bewusst eine Situation eskaliert, die schon zuvor höchst angespannt gewesen ist, und das mit schrecklichen Folgen für Israelis und auch für die eigene Zivilbevölkerung in Gaza.“
Oberste Priorität sei nun, die Waffen zum Schweigen zu bringen. Deshalb habe er mit seinen Kollegen in Ägypten und Qatar gesprochen, „die direkte Kontakte zur Hamas haben“. Zugleich stellte er der Zivilbevölkerung in Gaza weitere vierzig Millionen Euro Hilfe in Aussicht.
Das Nahost-Quartett wurde wiederbelebt
Für die weitere Diplomatie verwies Maas ebenso wie später Borrell auf das Nahost-Quartett. Der neue EU-Sonderbeauftragte für den Nahost-Friedensprozess, Sven Koopmans, solle seine Vermittlungsbemühungen ausbauen und in die Region reisen. Was auch hieß: Für eine Mission Borrells, die sich der Spanier durchaus hätte vorstellen können, reichte die politische Rückendeckung nicht.