Türkischer Katastrophenschutz : Erdogans loyaler Helfer
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Yunus Sezer Bild: Getty
Der Chef des türkischen Katastrophenschutzes steht vor einer Mammutaufgabe. Aber Yunus Sezer ist jemand, auf dessen Leistungsfähigkeit der Präsident bauen kann. Ein Porträt.
Mit ihren vielen Tausend Mitarbeitern und Zweigstellen in allen 81 Provinzen des Landes ist die Katastrophenschutzbehörde AFAD in der Türkei ein Staat im Staate. Wer sich hier bewährt, empfiehlt sich für (noch) höhere Aufgaben. So ging es etwa dem früheren AFAD-Chef Fuat Oktay, der eine Tochterfirma von Turkish Airlines geleitet hatte, bevor er den Katastrophenschutz übernahm. Seit 2018 ist Oktay Vizepräsident der Türkei, zumindest formal also ein Stellvertreter von Staatspräsident Tayyip Erdogan.
Die Leitung von AFAD hat seit September 2021 Yunus Sezer inne, der im April 1978 in der Kleinstadt Ispir in der ostanatolischen Provinz Erzurum geboren wurde. In Erzurum wuchs er auch auf, bevor er als Student ans andere Ende des Landes zog. Sezer schloss sein Studium der Verwaltungswissenschaften an der Uludag-Universität in der westtürkischen Industriestadt Bursa im Jahr 2000 ab.
Große Übung im November
Da bereitete Erdogan nach seinen Jahren als Bürgermeister Istanbuls und einer mehrmonatigen Haft seinen Griff nach der Macht in Ankara vor. Sezers Aufstieg im Verwaltungsapparat vollzog sich parallel zum politischen Aufstieg Erdogans. Seit 2001 war Sezer in mehreren türkischen Provinzen als Gouverneur (zunächst in stellvertretender Position) eingesetzt. Er diente dem Staat in Edirne unweit des Dreiländerecks zu Griechenland und Bulgarien, war in Izmir auf Posten sowie später in Diyarbakir, dem politischen Zentrum der Kurden der Türkei.
Sein Fleiß und seine Loyalität fielen auch in der Hauptstadt auf. Sezer wurde an das Innenministerium nach Ankara berufen, er leitete dort eine Abteilung für strategische Planung.
Da es in der Türkei häufig zu Erdbeben kommt, sind die Abläufe bei der 2009 gegründeten Katastrophenschutzbehörde für solche Fälle längst eingespielt. AFAD koordiniert in diesen Tagen die Arbeit von mehr als 24 000 Helfern im Unglücksgebiet. Türkische Großstädte unterstützen die Hilfe durch die Entsendung von Lastwagen mit Trinkwassertanks und Nahrungsmitteln.
Unter Leitung von Sezer koordinierte AFAD im November vergangenen Jahres auch erstmals eine landesweite „Erdbebenübung“, die in allen Provinzen sowie im türkisch kontrollierten Norden Zyperns abgehalten wurde. Über öffentliche Lautsprecher, insbesondere die der Moscheen, wurde die Übung angekündigt. So sollen Verhaltensmuster für Katastrophenfälle eingeübt werden. Das ist eine wichtige, aber auch recht undankbare Aufgabe für Sezer. Denn auch er kann nichts daran ändern, dass türkische Hochhäuser oft von einer dermaßen schlechten Bausubstanz sind, dass sie bei Erschütterungen wie tödliche Kartenhäuser in sich zusammenfallen.