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Spenden für die Türkei : „Fast die ganze türkische Diaspora in Berlin war da“

Berlin: Kartons mit Hilfsgütern werden in Berlin-Moabit auf Lastwagen geladen. Bild: Omer Messinger

Viele aus der türkischen Diaspora in Deutschland wollen nach dem Erdbeben helfen. Die Koordination der zahlreichen Initiativen stellt dabei die größere Herausforderung dar.

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          Das Erdbeben in der Türkei hat ganz Deutschland erschüttert – vor allem aber jene, die Verwandtschaft im Katastrophengebiet haben. In Dutzenden Städten in Deutschland werden Spenden für Opfer des Erdbebens in der Türkei gesammelt. Die Leute bringen Zeltkocher, Taschenlampen, Babywindeln, Fleecedecken, aber auch Handwärmer. Eine der vielen Sammelstellen hat der deutsch-türkische Pflegedienst Dosteli in Berlin organisiert.

          Carlota Brandis
          Volontärin
          Claudia Bothe
          Volontärin

          Bis auf die Straße haben die Leute gestanden, um Babynahrung, Pampers und Verbandszeug abzugeben, berichtet eine Helferin. Auch andere Helfer sprechen von einem gigantischen Ansturm. Das Team habe die ganze Nacht Klamotten und Hygieneartikel sortiert, verpackt und in Lastwagen geladen. „Fast die ganze türkische Diaspora in Berlin war da.“

          Organisiert haben sich die Helfer über Aufrufe in den sozialen Medien. Von den Sammelstellen aus sollen die Spenden mit Lastwagen und Flugzeugen in die betroffenen Regionen gebracht werden. Auf Anfrage der F.A.Z. bestätigte die türkische Fluggesellschaft Turkish Airlines, dass sie Spenden aus 14 Ländern in die türkischen Krisengebiete liefere, Deutschland sei eines davon.

          Helfer müssen improvisieren

          Auch Kübra Oguz arbeitet an einem der Sammelpunkte in Berlin. „Es kommen sehr viele Menschen und geben Plastiktüten voll mit Anziehsachen ab“, sagt sie. Oguz engagiert sich ehrenamtlich bei Puduhepa e.V., einer von türkischen Migrantinnen gegründeten Initiative. Alle seien konzentriert bei der Sache, sagt sie, wenngleich es noch etwas unstrukturiert zugehe. Der Ansturm sei einfach so groß, dass die Helfer oft improvisieren müssten. Die türkische Community in Deutschland ist laut Oguz über die sozialen Medien gut vernetzt – „und alle wollen helfen“. Damit das zielgerichtet geschehen kann, empfiehlt sie, Geld zu spenden. Damit könnten dann je nach Bedarf Lebensmittel, Hygieneartikel oder Schuhe gekauft werden.

          Das gehört auch zu den Dingen, die Esma Altas Anrufern erklärt, die sich bei der islamischen Hilfsorganisation Hasene International e.V. melden. Die 15 Jahre alte Schülerin wurde für einen Tag vom Unterricht befreit, um zu helfen. Für sie ist das jetzt wichtiger als Schule. Zwar ist sie erleichtert, dass ihre Verwandten in der Türkei nicht betroffen sind, dennoch nimmt sie die Situation mit. Die Katastrophe ruft auch Bilder des schweren Erdbebens von 1999 wieder hervor.

          Das sagt auch Ali Mete, der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG). „Meine Frau war damals stundenlang verschüttet und hat ihre Mutter und ihre drei Geschwister verloren. Das war 1999 in Kocaeli. Da kommen dann Erinnerungen hoch. Ich denke, dass es vielen nicht anders geht.“ Nicht nur mit Spenden, sondern auch seelsorgerisch will seine Organisation die Betroffenen unterstützen. Am Freitag soll es ein Totengebet in den Moscheen der IGMG geben.

          „Allgemein sehe ich eine große Hilfsbereitschaft, nicht nur in der türkischen Gemeinde“, sagt Gökay Sofuoglu, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Unternehmen, Vereine, Nachbarn wollten helfen. Inzwischen gebe es aber auch viele Eigeninitiativen von Betroffenen, deren Angehörige beim Erdbeben in der Türkei ums Leben gekommen sind.

          Auch Sofuoglu betont, dass die Spendenbereitschaft nicht das Pro­blem sei, sondern die Koordination. Darüber hinaus geht es für ihn auch um die Langfristigkeit der Unterstützung. „Viele haben im Erdbeben ihre Existenz verloren, ihnen muss dauerhaft geholfen werden.“ Die Bereitschaft, zu helfen, müsse deswegen andauern. Sofuoglu sagt: „Leider braucht es manchmal solche Krisen, um die Chance der Gemeinschaft zu sehen.“

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