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Staatsbesuch in Washington : Biden rollt den roten Teppich für Macron aus

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (l) und US-Präsident Joe Biden beim G-7-Gipfel in Elmau im Juni 2022 Bild: AP

Nach einem holprigen Start zwischen den beiden Präsidenten empfängt Joe Biden Emmanuel Macron. Der Staatsbesuch ist auch Teil der amerikanischen Wiedergutmachung für Frankreich.

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          Mit 21 Salutschüssen auf dem Militärfriedhof von Arlington werden Emmanuel und Brigitte Macron willkommen geheißen. Es ist der feierliche Auftakt für einen viertägigen Staatsbesuch, der „die Anerkennung für die einzigartige Führungsrolle des französischen Präsidenten auf dem europäischen Kontinent ist“. So formuliert es John Kirby, der Kommunikationsdirektor des National Security Council, vor Macrons Begleitpresse im Weißen Haus. An Lob für den „dienstältesten“ und „erfahrensten“ Staatschef der G-7-Länder wird in Washington nicht gespart. Den Wunsch nach einem herzlichen Verhältnis soll auch das private Abendessen der beiden Ehepaare in einem Restaurant in der amerikanischen Hauptstadt am Mittwochabend unterstreichen.

          Michaela Wiegel
          Politische Korrespondentin mit Sitz in Paris.
          Majid Sattar
          Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

          Der Gastgeber möchte es ein wenig krachen lassen. Wenn Joe und Jill Biden am Donnerstagabend zu Ehren des französischen Präsidentenpaares zum Staatsbankett ins Weiße Haus laden, wird Jon Batiste auftreten. Der Musiker und Komponist aus Louisiana soll die enge kulturelle Bande zwischen Amerika und seinem ältesten Verbündeten verkörpern – mit der ihm eigenen schwungvollen Leichtigkeit.

          „Es ist eine tiefe und beständige Zuneigung, die Amerika für Frankreich empfindet, und ich denke, Sie werden das in vollem Umfang sehen“, sagte Kirby. Frankreich sei „buchstäblich in das Gewebe der Gründung unserer Nation eingewoben“. Macron wird am Freitag New Orleans besuchen und damit auf einst französischem Boden wandeln. Frankreich war 1803 mit dem Verkauf des damaligen Louisianas, einem Gebiet von Florida bis Kanada, zum Geburtshelfer der Vereinigten Staaten geworden.

          Die Choreografie des Staatsbanketts, das üblicherweise vom Büro der First Lady organisiert wird, ist durchaus politisch: Zum einen ist es der erste Staatsbesuch in der Amtszeit Bidens, was der Covid-Pandemie geschuldet war, die der wahlkämpfende Präsident im Spätsommer etwas voreilig für beendet erklärt hatte. Zum anderen hatten die beiden Präsidenten einen etwas rumpeligen Start.

          Umstrittener Aukus-Deal führte zu Spannungen

          Es ist angesichts der Weltlage ein wenig in Vergessenheit geraten, aber Macron hatte im Herbst vergangenen Jahres kurzzeitig seinen Botschafter aus Washington zurückgerufen, nachdem das Weiße Haus einen Atom-U-Boot-Deal mit Australien verkündet hatte. Das Geschäft, das im Zuge des neuen Aukus-Bündnisses Washingtons, Londons und Canberras zustande gekommen war, setzte einem bereits unterzeichneten Vertrag über den Verkauf französischer U-Boote an Australien ein abruptes Ende. Es war das erste Mal, dass Paris seinen Botschafter aus Washington zurückbeorderte – eine Geste, die das Zerwürfnis zwischen beiden Staaten deutlich machte. Biden gestand später ein, die Art, wie das – gegen China gerichtete – Sicherheitsbündnis eingefädelt worden sei, sei ungeschickt gewesen. Frankreich sei ein „extrem wertvoller Partner“.

          Der Staatsbesuch ist auch Teil der amerikanischen Wiedergutmachung für Frankreich. Freilich ist die Welt 14 Monate nach dem Eklat eine andere: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die komplexen Beziehungen zu China, auch angesichts der gegenwärtigen Unruhen in dem Land, sowie die Protestbewegung in Iran sollen die politischen Gespräche bestimmen. Die internationalen Krisen haben dazu beigetragen, den Austausch zu intensivieren. In Washington verbucht man die geschlossene transatlantische Reaktion auf Putins Krieg als großen Erfolg, den Moskau nicht erwartet habe. Frankreich habe einen entscheidenden Beitrag geleistet.

          „Frankreich hat der Ukraine Selbstverteidigungsfähigkeiten zur Verfügung gestellt, darunter Raketenwerfer und Luftverteidigungssysteme. Die Franzosen haben sich auch aktiv an der Ausbildung von etwa 2000 ukrainischen Soldaten beteiligt“, sagte Kirby. Er könne das gut beurteilen, da er erst vor ein paar Monaten aus dem Verteidigungsministerium gewechselt sei. Es sei zu begrüßen, dass Macron den Gesprächskanal zu Moskau offen halte. „Die Bereitschaft, in ständiger Kommunikation mit Präsident Putin zu stehen, halten wir für eine gute Sache“, sagte er.

          In Washington ist man sich bewusst, dass die Folgen der jüngsten Kongresswahlen Fragen in Europa aufgeworfen haben. Auch wenn die Republikaner hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben sind, haben die Demokraten doch die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren. Die Drohung Kevin McCarthys, des mutmaßlichen künftigen Sprechers der ersten Kammer, keinen Blankoscheck für Kiew auszustellen, wurde auch in Europa vernommen. Der Präsident dürfte dem Bündnispartner vergewissern, dass Washington seine Unterstützung für Kiew fortsetzen werde, wenngleich es künftiger länger dauern könnte, Hilfspakete zu schnüren. In den Reihen der Republikaner sitzen schließlich immer noch einige außenpolitische Falken.

          Für Macron ist es bereits das zweite Mal, dass er im Blair House, dem Gästehaus der amerikanischen Präsidenten übernachtet. 2018 war er von Präsident Donald Trump empfangen worden. Sein zweiter Staatsbesuch markiert eine Premiere für einen französischen Präsidenten. Aber auf dem Programm steht nicht nur die Verbundenheit der „ältesten Verbündeten“. Macron will in seinen Gesprächen mit Biden auch die europäische Irritation über den protektionistischen Charakter des Inflation Reduction Act zur Sprache bringen.

          Der französische Präsident sieht sich in seiner Sorge vor Wettbewerbsnachteilen auf einem Kurs mit der Bundesregierung. Bei seinem jüngsten Besuch in Paris hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bestätigt, dass er die französische Analyse teile. Habeck sagte, er unterstütze die Idee eines Buy European Act. Macron sieht in der doppelten Herausforderung durch erhöhte Energiepreise und massive Subventionen für amerikanische Unternehmen den Industriestandort Europa bedroht. Gerade mit Blick auf China will er Biden dazu bewegen, Europa nicht in einer entscheidenden Phase zu schwächen. Macron denkt an Ausnahmen, wie sie Kanada und Mexiko gewährt werden sollen. Der Franzose hofft auf eine einvernehmliche Lösung. „In einer Zeit großer Herausforderungen ist dies ein Moment, gemeinsam voranzukommen“, sagte Macron bei seiner Ankunft.

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