Merkel in Frankreich : Macron: „Deutschland muss sich bewegen“
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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (hier am 12. Juli in Triest) will gemeinsam mit Deutschland Europa reformieren. Bild: AFP
Frankreichs Präsident hat kurz vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Merkel an Deutschland appelliert. Das Land müsse Investitionen in Europa wiederbeleben, sagte Macron. Es gehe um die Zukunft Europas.
Vor dem deutsch-französischen Ministerrat am Donnerstag hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an Deutschland appelliert, sich stärker für Investitionen in Europa einzusetzen. „Deutschland muss für eine Wiederbelebung der öffentlichen und privaten Investitionen in Europa sorgen“, sagte er „Ouest-France“ und den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag) in einem Interview. Er habe keine Lektionen zu erteilen. „Aber wir müssen herausfinden, welches Szenario in gesamtwirtschaftlicher Hinsicht geeignet ist.“
Auf die Frage, ob der Ministerrat neue Investitionen beschließen werde, sagte der französische Präsident: „Ja, vor allem in der Informationstechnologie mit einem Fonds in Höhe von einer Milliarde Euro.“ Ziel sei es, mit Projektausschreibungen Forscher anzuziehen. „Darüber hinaus wollen wir ein gemeinsames Programm zu Nanotechnologien und Batterien starten.“
Ungleichgewicht zu Deutschland
Macron machte zugleich deutlich, dass Deutschland seine wirtschaftliche Stärke „zum Teil den Missständen in der Eurozone“ und „der Schwäche anderer Volkswirtschaften“ zu verdanken habe. Es bestehe ein wirtschaftliches und kommerzielles Ungleichgewicht zwischen Deutschland und seinen Nachbarn. Zugleich gebe es „eine gemeinsame Verantwortung, damit die Eurozone sich so gut entwickelt, wie sie es verdient“, sagte Macron. „Deutschland muss sich bewegen, so wie sich auch Frankreich bewegen muss“, fügte der Staatschef hinzu.
Macron kritisierte, dass die Eurozone nicht gut funktioniere, weil die Schere zwischen den Ländern immer weiter auseinandergehe. „Die Länder, die bereits verschuldet waren, machen immer mehr Schulden. Diejenigen, die schon konkurrenzfähig waren, sind noch konkurrenzfähiger geworden“, sagte der französische Präsident. Diese Situation sei nicht gesund, „weil sie nicht von Dauer ist“, fügte er hinzu.
Solidarität in Europa stärken
Es gehe nicht darum, die früheren Schulden zu vergemeinschaften, sagte Macron den Zeitungen weiter. Vielmehr gehe es darum, für mehr Übereinstimmung und Solidarität innerhalb der Europäischen Union und der Eurozone zu sorgen, „um für die Zukunft stärkere Solidaritätsmechanismen einzuführen“.
Macron sprach sich in dem Interview dafür aus, die Vision Europas zu erneuern und auch die europäischen Verträge zu verändern. Es gehe um ein Europa, das angesichts der Globalisierung Schutz biete und ein neues Gesellschafts- und Wachstumsmodell ausarbeite. „Irgendwann müssen die europäischen Verträge geändert werden, da dieses Europa unvollständig ist“, sagte Macron. „Die Frage ist nicht, ob diese Änderungen nötig werden, sondern wann und wie.“
DIW-Chef fordert von Paris und Berlin größeres EU-Reformpaket
Derweil hat DIW-Chef Marcel Fratzscher von Deutschland und Frankreich einen großen Wurf bei der Reform der EU und Währungsunion gefordert. Fratzscher sagte, jetzt sei der richtige Zeitpunkt, die Reformen Europas auf den Weg zu bringen und nicht erst auf die nächste Krise zu warten. Deutschland und Frankreich müssten sich auf eine große Vereinbarung einigen, die „sowohl mehr Solidarität in Europa als auch stärkere gemeinsame Regeln enthält“.
„Meine Sorge ist, dass der politische Wille vor allem auf deutscher Seite fehlt, wirklich zu konkreten Resultaten zu kommen“, sagte Fratzscher der Deutschen Presse-Agentur. Aus Sicht des Chefs des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommt dem deutsch-französischen Ministerrat eine hohe Verantwortung zu. Mit einer gemeinsamen Position müssten die notwendigen Reformen Europas endlich auf den Weg gebracht werden