Einmarsch im Irak : Die Bomben treffen, die kurdische Frage bleibt
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Nach dem Luftangriff: Ruinen im Grenzdorf Qlatooka Bild: AP
Die Türkei verbucht die Operation gegen PKK-Stellungen im Nordirak als politischen und militärischen Erfolg. Doch während Ankara von internationaler Kritik verschont bleibt, wachsen im Inneren wieder die Spannungen.
Sichtlich entspannt und gut gelaunt stellte sich Generalstabschef Büyükanit dem türkischen Fernsehsender Kanal D. Mit den nächtlichen Angriffen auf die Stellungen der kurdischen Terrororganisation PKK habe die Luftwaffe nun allen ihr Können demonstriert, sagte der Armeechef. Und die türkischen Politiker nahmen mit Genugtuung zur Kenntnis, dass dieser Operation anders als früheren keine internationalen Proteste folgten.

Redakteur in der Politik.
Außer dem Irak protestierte kein Mitgliedsstaat der Arabischen Liga, und selbst die irakische Regierung verhielt sich überraschend zurückhaltend. Die Vereinigten Staaten ermunterten Ankara zu weiteren Aktionen gegen die PKK, und die EU sprach vom Recht der Türkei, ihre Bürger zu schützen.
Das Schweigen der arabischen Welt
Nach früheren grenzüberschreitenden Operationen musste die Türkei stets zuerst den politischen Kollateralschaden eindämmen. Diesmal aber warb die türkische Diplomatie in den Wochen vor den Luftangriffen um Unterstützung und schnürte den politischen Spielraum der PKK ein. Jahrelang hatte die Türkei geklagt, dass sich die Vereinigten Staaten und der Irak weigerten, die Kommandozentralen und Stützpunkte der PKK im Nordirak zu schließen. Dann rückte Washington nach dem Treffen von Präsident Bush und Ministerpräsident Erdogan am 5. November von seiner Position ab, die Türkei von einem Eingreifen im Nordirak abzuhalten, und unterstützt seither das Vorgehen Ankaras gegen die PKK, etwa durch die Bereitstellung von Daten über deren Stellungen.
Den amerikanischen Schwenk - und die türkische Drohung eines Einmarsches - nahm die Regierung der autonomen Region Irakisch-Kurdistan als Signal, nun ebenfalls gegen die PKK vorzugehen. Einen Angriff auf ihr Territorium würden sie aber nicht zulassen und als Kriegserklärung auslegen, hatten die irakischen Kurdenführer Barzani und Talabani standhaft erklärt. Dennoch zogen sie nach den Bombardierungen vom Sonntag ihre Milizen nicht an der Grenze zur Türkei zusammen. Als Grund für diese Zurückhaltung vermutet die türkische Presse, dass sich die Türkei mit der autonomen Region Irakisch-Kurdistan abgefunden habe, allerdings nur so lange, wie die PKK dort keine Zuflucht finde. Das Schweigen der arabischen Welt wird in der Türkei damit erklärt, dass der neue Außenminister Babacan glaubhaft die Botschaft vermittelt habe, die Angriffe seien nur gegen die PKK gerichtet und nicht gegen den Irak.
Generalstabschef bleibt in der Schusslinie
Der militärische, innenpolitische und diplomatische Erfolg nimmt Druck von Generalstabschef Büyükanit. Gerade die politischen Parteien, die der Armee nahestehen, hatten ihn noch in der vergangenen Woche scharf attackiert. Erstmals überhaupt hatte ihn Deniz Baykal, der Vorsitzende der linksnationalen CHP, kritisiert, da er von der Ermächtigung des Parlaments, in den Nordirak einzumarschieren, keinen Gebrauch mache. Die rechtsnationalistische MHP forderte deswegen sogar Büyükanits Rücktritt. Am Tag nach den Luftangriffen nörgelte die kleinere der beiden Oppositionsparteien nur noch, dass die Operation nicht umfangreich genug gewesen sei.