Druck auf den „Guardian“ : Washington distanziert sich von britischer Regierung
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Soll den Druck auf den „Guardian“ angeordnet haben: David Cameron Bild: AFP
Die Vereinigten Staaten haben Abstand vom Vorgehen Londons gegen den „Guardian“ genommen. Großbritanniens Premierminister Cameron soll persönlich veranlasst haben, Druck auf die Zeitung auszuüben.
Nach der Bundesregierung hat sich auch das Weiße Haus in Washington vom Vorgehen der britischen Regierung gegen die Zeitung „The Guardian“ distanziert. Auf die Frage, ob Regierungsmitarbeiter in ein Medienunternehmen gehen würden, um dort Festplatten zu zerstören, antwortete ein Sprecher des Weißen Hauses: „Es ist sehr schwer, sich ein Szenario vorzustellen, in dem das angemessen wäre“.
Zuvor hatte schon der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), das Vorgehen der britischen Behörden scharf kritisiert. „Da ist die rote Linie überschritten worden“, sagte Löning der „Berliner Zeitung“.
Cameron soll Vorgehen angeordnet haben
Großbritanniens Premierminister David Cameron soll nach einem Bericht der Zeitung „The Independent“ persönlich veranlasst haben, die Redaktion des „Guardian“ unter Druck zu setzen. Auf diese Weise sollten weitere Enthüllungen über die Machenschaften von Geheimdiensten in den Vereinigten Staaten und Großbritannien verhindert werden, schreibt die Zeitung unter Berufung auf ranghohe Regierungsquellen.
„Guardian“-Chefredakteur Alan Rusbridger hatte am Dienstag in einem Kommentar erklärt, er sei von Regierungsbeamten kontaktiert und zur Herausgabe sensibler Daten gedrängt worden. Schließlich hätten Geheimdienstleute die Zerstörung von Festplatten im Keller des Redaktionsgebäudes überwacht.
NSA-Affäre : "Guardian" zu Vernichtung von Snowden-Material gezwungen
Nach Informationen des „Independent“ hatte Premierminister Cameron den Leiter seines Cabinet Office, Jeremy Heywood, damit beauftragt, den „Guardian“ zu kontaktieren. Regierungskreise bestätigten der Zeitung den Kontakt. Es habe sich dabei jedoch nicht um eine Drohung gehandelt. Der „Guardian“ hatte als erste Zeitung die Enthüllungen des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden über die flächendeckende Überwachung durch den amerikanischen Geheimdienst NSA und den britischen Geheimdienst GCHQ veröffentlicht.
„Die EU-Grundrechtecharta ist nicht berührt“
Die EU-Kommission sieht derweil keine rechtliche Handhabe für ein eigenes Eingreifen in die Angelegenheit. „Wir müssen als Hüterin der EU-Verträge in unseren Grenzen bleiben, die vom Vertrag gesetzt werden“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel. In dem Fall werde die zum EU-Vertrag gehörende Grundrechtecharta nicht berührt.
Die EU-Grundrechtecharta schütze zwar im Artikel 11 das Recht auf freie Meinungsäußerung, so der Sprecher. Wichtig sei jedoch eine weitere Bestimmung (Artikel 51), wonach die Mitgliedstaaten die Charta-Vorschriften nur bei der Umsetzung von EU-Recht befolgen müssten. Diese Bedingung sei im konkreten Fall nicht gegeben. „Die EU-Charta ist nicht berührt.“