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Droht ein Bürgerkrieg? : Die Realität in Afghanistan

  • -Aktualisiert am

Taliban-Gegner von der Miliz Ahmad Massouds Ende August im Pandschirtal Bild: AP

Biden sieht keine nationalen Interessen mehr am Hindukusch, Terrorismus will er aus der Luft bekämpfen. Deutschland redet nicht mal über diese Fragen.

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          Es sind keine unrealistischen Einschätzungen, die der amerikanische Generalstabschef jetzt über Afghanistan vorgetragen hat. Dass die Taliban leicht an die Macht gekommen sind, heißt noch lange nicht, dass sie die Kontrolle über das Land halten können.

          Ein Bürgerkrieg ist eine ernst zu nehmende Möglichkeit; im Pandschirtal wurde am Wochenende noch gekämpft. Und es ist auch nicht auszuschließen, dass das Land wieder zur Operationsbasis für Dschihadisten wird – sei es als Folge von Instabilität oder von „Gastfreundschaft“ der Taliban.

          Das sind niederschmetternde Aussichten nach zwanzig Jahren westlicher Präsenz am Hindukusch. Aber es ist besser, wenn man sich frühzeitig auf die Realität einstellt. Zu lange hat sich der Westen etwas vorgemacht in und über Afghanistan. Der Abzug war mit dem Risiko verbunden, dass sich das Land wieder in eine Richtung entwickeln könnte, die eine Gefahr für seine Bevölkerung und für das Ausland darstellt.

          Biden ging das Risiko ein

          Das mag jetzt alles schneller gekommen sein, als manche gedacht oder gehofft hatten, im Prinzip war es aber bekannt. Biden ist das Risiko eingegangen, was den amerikanischen Verbündeten keine Wahl ließ.

          Und er hat noch eine Festlegung getroffen, um die niemand in der NATO herumkommt. Amerika habe keine grundlegenden nationalen Interessen in Afghanistan, sagt der Präsident. Der Kampf gegen den Terrorismus werde überall auf der Welt geführt, und er erfordere nicht den Einsatz von Bodentruppen. In anderen Worten: Biden würde einen Bürgerkrieg hinnehmen.

          In Deutschland, wo man strategischen Diskussionen lieber aus dem Weg geht, haben diese Fragen bisher keine Rolle gespielt, schon gar nicht im Wahlkampf. Die politische Debatte der vergangenen Tage drehte sich wie üblich um humanitäre Fragen.

          Dass die Taliban uns jetzt großherzig „vergeben“ für den Einsatz in Afghanistan, heißt aber nicht, dass die mögliche Terrorgefahr für Deutschland unerheblich wäre. Biden setzt für diesen Fall offenbar auf Luftschläge und (wenige) Spezialkräfte. Worauf setzt Deutschland?

          Nikolas Busse
          Verantwortlicher Redakteur für Außenpolitik.

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