Drohnenangriff auf Islamisten : De Maizière: Es bleiben Fragen
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Innenminister de Maizière: „Lieber ernsthaft, statt darüber zu reden” Bild: dapd
Einiges passe nicht zusammen, sagt Bundesinnenminister de Maizière über Berichte, im Grenzgebiet zu Afghanistan seien bis zu acht Islamisten mit deutscher Staatsbürgerschaft getötet worden. Es gebe „keine unmittelbare und konkrete Anschlagsplanung“ auf Ziele in Deutschland.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht offene Fragen bei der angeblichen Tötung deutscher Islamisten in Pakistan durch einen amerikanischen Drohnenangriff.
Einiges passe nicht zusammen, sagte de Maizière am Mittwoch morgen im Deutschlandfunk: „Was mich sehr erstaunt ist, dass dieser Angriff angeblich vorgestern gewesen sein soll in einem unzugänglichen Gebiet durch unbemannte Drohnen, und man zugleich Ausweise findet. Das müssen wir erst noch aufklären.“
„Keine unmittelbare und konkrete Anschlagsplanung“
Die Frage nach einer konkreten Gefahr durch islamistische Terroranschläge in Deutschland bezeichnete de Maizière als „hypothetisch“. Es gebe „viele Hinweise“ aus voneinander unabhängigen Quellen über Aktivitäten im pakistanischen Grenzgebiet. Man gehe jedem Hinweis nach.
„Wir fahren die Maßnahmen intern hoch, wir sind in engstem Kontakt mit unseren Partnern, aber wir arbeiten lieber ernsthaft, statt darüber zu reden“, sagte der Minister. Es gebe „keine unmittelbare und konkrete Anschlagsplanung“.
Ungesicherte Berichte aus den Stammesgebieten
Bei dem Drohnenangriff im Grenzgebiet zu Afghanistan wurden nach Medienberichten, die sich teilweise auf Mitarbeiter pakistanischer Geheimdienste beriefen, am Montag acht deutsche Islamisten getötet; drei davon seien türkischstämmig und fünf gebürtige Deutsche, heißt es.
Der Angriff soll sich am Montagabend bei der Ortschaft Mir Ali ereignet haben. Allein im September hatte der amerikanische Geheimdienst CIA zwanzig Drohnenangriffe auf Ziele in den Stammesgebieten geflogen; in den Monaten zuvor waren es oft bis zu zehn gewesen. Meistens heißt es mit Berufung auf pakistanische Geheimdienstmitarbeiter, dass Extremisten getroffen wurden, und fast immer sind „Ausländer“ darunter. Als Ausländer bezeichnen die Pakistaner Mitglieder des internationalen Terrornetzes Al Qaida. Sie kommen aus arabischen Ländern, aus Tschetschenien oder Usbekistan, aber auch immer wieder aus Europa.
Islamabad verweist auf eine überforderte Armee
Belastbare Angaben über die Opfer sind schon deswegen schwer zu erhalten, weil der amerikanische Geheimdienst seine Aktionen nicht kommentiert; dass die CIA die Drohnenangriffe plant und durchführt, wird nur unter der Hand bestätigt. Deshalb bleibt es in der Regel bei Angaben anonymer pakistanischer Geheimdienstmitarbeiter, deren jeweilige Interessen im Dunkeln liegen. Mir Ali und umliegende Gegenden in Nordwasiristan haben sich in den vergangenen Jahren zum Rückzugsgebiet pakistanischer und afghanischer Taliban sowie Aufständischer und Terroristen anderer Herkunft entwickelt.
In dem Stammesgebiet an der afghanischen Grenze ist der pakistanische Staat nur noch rudimentär präsent. Die Armee führte Offensiven in umliegenden „Agencies“ durch, insbesondere in Südwasiristan, zeigt aber keine Bereitschaft, Nordwasiristan einzunehmen. Dem wachsenden Drängen der Amerikaner begegnet Islamabad mit dem Verweis auf eine überfordert Armee, die in vielen Landesteilen gebunden und überdies noch immer mit dem Hochwasser beschäftigt sei.
Die Drohnenangriffe sind in Pakistan ein Politikum. Informierte Pakistaner wissen, dass der einheimische Geheimdienst ISI dem CIA Zielinformationen gibt, obwohl Islamabad die Angriffe offiziell verurteilt. Manche ISI-Quellen haben Interesse an Erfolgsmeldungen. Anderen Stellen wiederum nutzen Misserfolge und eine hohe Zahl von Zivilopfern, weil diese die Regierung in Islamabad und die Amerikaner in ein schlechtes Licht stellen.
Zuweilen zitieren pakistanische Medien auch Anwohner oder lokale Würdenträger mit Informationen über die Folgen der Drohnenangriffe, aber ein verlässliches Nachforschen durch unabhängige Stellen scheitert am Einreiseverbot für Journalisten, das in Islamabad mit der Gefahr für Leib und Leben begründet wird. Auch die Nachforschungen, die die Bundesregierung nun anstellen will, dürften wenig Aussicht auf ein Ergebnis haben.
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