Vor der Stichwahl in Georgia : Trump greift die Verfassung an
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Der ehemalige US-Präsident Donald Trump während der Ankündigung seiner abermaligen Kandidatur Bild: AP
Als Trump seine Kandidatur für 2024 verkündete, sprach er nicht über Wahlbetrug. Die Zurückhaltung war von kurzer Dauer: Nun fordert er, die Verfassung aufzuheben.
Kurz vor der Stichwahl in Georgia um den letzten offenen Senatssitz meiden die meisten Republikaner Stellungnahmen zur jüngsten Wortmeldung Donald Trumps. Der frühere Präsident hatte am Wochenende auf seiner Onlineplattform Truth Social nicht nur abermals behauptet, es habe in der Wahl 2020 massiven Betrug und Korruption gegeben, und verlangt, dass er nachträglich zum Präsidenten ernannt werde oder aber Neuwahlen angesetzt werden müssten. Er schrieb auch: „Ein massiver Betrug dieser Art und dieses Ausmaßes ermöglicht die Aufhebung aller Regeln, Vorschriften und Artikel, sogar derjenigen, die in der Verfassung stehen.“ Hinzu fügte er: „Beispielloser Betrug erfordert eine beispiellose Medizin.“
Trumps Äußerung offenbart, er ist sich bewusst, dass die Verfassung weder Neuwahlen für das Präsidentenamt noch eine nachträgliche Dezertifizierung des Wahlergebnisses vorsieht. Anlass für die Behauptungen Trumps war ein Vorstoß Elon Musks, des neuen Twitter-Eigentümers. Vor seiner Übernahme hatte Twitter im Wahlkampf 2020 Artikel der „New York Post“, des Boulevardblatts des Murdoch-Konzerns, über die umstrittenen Auslandsgeschäfte Hunter Bidens gesperrt. Gegen den Präsidentensohn ermittelt die Justiz wegen möglicher Steuerdelikte. Jack Dorsey, der damalige Twitter-Chef, nannte sein Vorgehen später einen Fehler. Kürzlich hat Musk interne Kommunikation der früheren Twitter-Verantwortlichen verbreitet, in der es um die Hunter-Biden-Affäre ging.
„Angriff auf die Republik“
Das Weiße Haus verurteilte Trumps Äußerung: „Die Verfassung und alles, wofür sie steht, anzugreifen, ist ein Gräuel für die Seele unserer Nation und sollte allgemein verurteilt werden“, sagte Sprecher Andrew Bates. Auch einzelne Republikaner übten scharfe Kritik. So teilte Lisa Murkowski, die in den jüngsten Kongresswahlen bestätigte Senatorin aus Alaska und Trump-Gegnerin, mit: Es sei nicht nur ein Bruch des Amtseides, nahezulegen, die Verfassung aufzuheben, es sei auch ein Angriff auf die Republik.
Die republikanische Kongressführung um Senator Mitch McConnell und den Abgeordneten Kevin McCarthy schwieg indes. Vor der Stichwahl in Georgia an diesem Dienstag wollen sie offenkundig die Spaltung der Partei, die in dem Südstaat besonders ausgeprägt ist, nicht vertiefen. McCarthy ist ohnehin darauf bedacht, nicht den Zorn der Trumpisten in seiner Fraktion auf sich zu ziehen – er will im Januar zum Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt werden.
Trumps Wortmeldung zeigt, dass die Hoffnung der Parteiführung trog, nach dem für ihn enttäuschenden Ausgang der Kongresswahlen werde er die Debatte über den angeblichen Wahlbetrug beenden. Trump hatte nach den Wahlen am 8. November, in denen viele seiner extremistischen Kandidaten gescheitert waren, in Florida seine abermalige Präsidentschaftskandidatur für 2024 angekündigt. In der Rede in Mar-a-Lago hatte er darauf verzichtet, über den vermeintlichen Wahlbetrug zu reden.