Dominique Strauss-Kahn : Alles außer Aufklärung
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Erklärt bei seinem Fernsehauftritt hat „DSK“ so gut wie nichts über die Geschehnisse im New Yorker Sofitel Hotel. Er gestand zwar einen „schweren moralischen Fehler“ ein, aber die Tragweite seiner Verfehlung grenzte er umgehend ein.
Zumindest diesen letzten Zweifel hat Dominique Strauss-Kahn aus der Welt geschaffen: Er habe tatsächlich die Absicht verfolgt, als sozialistischer Präsidentschaftskandidat gegen Nicolas Sarkozy anzutreten. „Das Rendez-vous mit den Franzosen habe ich verpasst“, sagte der frühere Generaldirektor des Internationalen Währungsfonds (IWF) in seinem ersten Fernsehgespräch seit der Einstellung seines Strafverfahrens in Amerika. Es war der aufrichtigste Moment in dem einstudierten Auftritt, mit dem sich der 62 Jahre alte Franzose laut seiner Kommunikationsmanager in seinem Heimatland erklären wollte.

Politische Korrespondentin mit Sitz in Paris.
Doch erklärt hat „DSK“ so gut wie nichts über die unglaublichen Geschehnisse in der Suite 2806 des New Yorker Sofitel Hotels. Er gestand zwar einen „schweren moralischen Fehler“ ein, aber die Tragweite seiner Verfehlung grenzte er umgehend ein. „Es hat weder Gewalt gegeben noch Zwang oder eine Aggression“, sagte Strauss-Kahn. Dann wedelte er mit einem Schriftstück, vorgeblich der Bericht des New Yorker Staatsanwalts Cyrus Vance, und sagte: „Es ist der Staatsanwalt, der das gesagt hat.“
Das Zimmermädchen Nafissatou Diallo beschrieb Strauss-Kahn als chronische Lügnerin, deren einziges Interesse es sei, möglichst viel Geld von ihm zu erpressen. „Was sagt der Bericht des Staatsanwalts? Dass Nafissatou Diallo zu allem gelogen hat. (...) Die Geschichte, die sie erzählt hat, ist eine Lüge“, sagte Strauss-Kahn. Lügengeschichten erzähle schließlich auch Tristane Banon, die junge Französin, die wegen versuchter Vergewaltigung eine Klage gegen ihn angestrengt hat. Überhaupt will Strauss-Kahn nicht ausschließen, dass er einem Komplott zum Opfer gefallen ist, er deutete Manipulationsversuche an, ohne irgendeine Erklärung. „Eine Falle? Das ist möglich. Ein Komplott? Das werden wir sehen“, sagte er. Eine formelle Entschuldigung brachte er nicht über die Lippen. Er sprach von seinem Bedauern, eine „unangebrachte Beziehung“ eingegangen zu sein. Das klang wie einst Bill Clintons beschwichtigende Worte über sein „unangebrachtes Verhältnis“ zur Praktikantin Monica Lewinsky.
Kritische Fragen etwa über sein Verhältnis zu Frauen oder seinen exzessiven Sexualtrieb musste Dominique Strauss-Kahn in der Hauptnachrichtensendung des Privatfernsehsenders TF1 nicht befürchten. Die Journalistin, die ihn interviewte, Claire Chazal, ist eine Busenfreundin seiner Ehefrau Anne Sinclair. Der Privatfernsehsender hatte Strauss-Kahn diskret über einen Hintereingang zum Fernsehstudio gelotst. Denn vor dem Haupteingang standen Feministinnen, die auf Spruchbändern Anne Sinclair aufforderten, ihren Mann „kastrieren“ zu lassen.
Strauss-Kahn sparte nicht mit Lob für seine Ehefrau, die ihre Karriere bei TF1 für ihn aufgegeben hatte. „Sie ist eine außergewöhnliche Frau. Ich habe ein riesiges Glück, sie an meiner Seite zu wissen. Ich habe sie verletzt, das weiß ich, das laste ich mir an“, sagte Strauss-Kahn. Er habe viel nachgedacht. „Meine Leichtigkeit habe ich verloren“, sagte er. Doch zugleich gab er sich kämpferisch. Ihm gefielen die lügnerischen Porträts nicht, die allenthalben von ihm veröffentlicht würden. „Ich bin genau das Gegenteil, ich habe tiefen Respekt für die Frauen“, sagte er.
Seine Zukunft sieht er in Frankreich, aber zumindest vorübergehend als Zuschauer. „Ich glaube nicht, dass es meiner Rolle entspricht, mich in die Vorwahlen einzumischen“, sagte er. Er bestätigte, dass es zwischen Martine Aubry und ihm einen Pakt gegeben habe, nicht gegeneinander bei den Vorwahlen anzutreten. Dann ging Strauss-Kahn, als sei die Erinnerung an den Vergewaltigungsvorwurf schon verloschen, zu einer Analyse der gesamtwirtschaftlichen Situation über. „Das Unbehagen über sein Benehmen ist geblieben. Als man den Fernseher ausgeschaltet hat, wollte man nur eins: zu anderen Themen übergehen“, urteilte die linksgerichtete Zeitung „Libération“. „Seine Reueübung kann ihm niemand abnehmen“, sagte der Psychiater Serge Hefez.