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Roberta Metsola : Nicht klassisch konservativ

Roberta Metsola nach ihrer Wahl im Europäischen Parlament Bild: Bloomberg

Die Christdemokratin aus Malta hat gezeigt, dass sie Mehrheiten organisieren kann. Wer ist die neue Parlamentspräsidentin aus dem kleinsten Mitgliedstaat der Union?

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          Seit dem Brexit hat das Europäische Parlament 705 Abgeordnete. Die meisten von ihnen bleiben auch in der EU-Blase unbekannt und unerkannt. Roberta Metsola war da schon vor ihrer Wahl an die Spitze des Parlaments eine Ausnahme. Die Christdemokratin aus Malta, die dem Parlament seit 2013 angehört, machte früh auf sich aufmerksam: als Innenpolitikerin, die geradeheraus argumentierte, den politischen Konflikt suchte und trotzdem in der Lage war, Mehrheiten zu organisieren. Im klassischen Sinne konservativ war sie bei diesen Themen nie. Sie warb für eine faire Verteilung von Migranten in Europa. Sie setzte sich für gleiche Rechte sexueller Minderheiten ein. Und sie gehörte zu den ersten, die den Schmusekurs ihrer Europäischen Volkspartei gegenüber Viktor Orbán in Frage stellten.

          Thomas Gutschker
          Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

          Im Europäischen Parlament komme es auf die Stärke des Arguments an, nicht auf die geographische Herkunft – so formulierte Metsola es am Dienstag. Der Satz fasst ihren Aufstieg zusammen. Es ist die Ausnahme, dass Politiker aus kleinen Ländern Spitzenposten in der EU ergattern. Aus Malta, dem kleinsten Mitgliedsland, war das zuvor noch niemandem gelungen. Metsola bringt sich deshalb auch in eine Spitzenposition, was künftige Wahlen auf der Insel betrifft.

          Sie selbst ist in der polarisierten Atmosphäre des Landes politisiert worden, wo seit langem Christdemokraten und Sozialdemokraten miteinander um die Macht ringen. Ihre Initiation war die Auseinandersetzung um den EU-Beitritt Anfang der 2000er Jahre. Als Jurastudentin warf sie sich auf der Seite der Befürworter in die Schlacht, in der Studentenorganisation der Christdemokraten. Die setzten sich im Referendum von 2003 knapp durch. Schon damals ging es um ein Thema, das Metsola nun einholte: die Frage, ob der kleine Staat in der EU seine Identität wahren könne, auch was das gesetzlich festgeschriebene Abtreibungsverbot angeht. Metsola und ihre Partei verwiesen auf Garantien, die das Land mit dem Beitritt 2004 bekam.

          Ihr Nachname ist nicht maltesisch, sondern finnisch. Im Ring Christlich-Demokratischer Studenten, dem europäischen Netzwerk, lernte Metsola einen jungen, aufstrebenden finnischen Politiker kennen. Schon 1999 demonstrierten sie in Helsinki gegen den belarussischen Autokraten Lukaschenko. Später heirateten sie, heute haben sie vier Söhne und leben in Brüssel. 2009 versuchten sie beide, ins Europäische Parlament einzuziehen. Das misslang. Als Metsola dann 2013 für einen Parteikollegen nachrücken konnte, wechselte ihr Ehemann Ukko in die Wirtschaft. Der Zufall wollte es, dass sie am Tag ihrer Wahl 43 Jahre alt wurde. Groß feiern wollte sie weder das eine noch das andere. „Danke und an die Arbeit“, sagte sie nach ihrer Wahl.

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