Tunesien : Erfolg der Konterrevolution
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Proteste am 18. September 2021 in Tunis gegen den Verfassungsputsch des tunesischen Präsidenten Kais Saied Bild: AP
Ein Jahrzehnt war Tunesien das Vorzeigeland der Arabellion und das einzige arabische Land mit einer funktionierenden Demokratie. Das steht jetzt auf dem Spiel.
Die Konterrevolution in der arabischen Welt steht nun auch in Tunesien vor einem Erfolg. Das Land, in dem die Arabellion Ende 2010 eingesetzt hat, war ein Jahrzehnt das Demokratielabor der arabischen Welt. Bei allen Rückschlägen war es auf dem Weg zu einer funktionierenden Demokratie. Den Machthabern in Ägypten und den Monarchen am Golf war das ebenso ein Dorn im Auge wie die erfolgreiche Einbindung der Muslimbruderschaft, die im Parlament die größte Fraktion gestellt hat.
Eine Einladung an sie war es, als mit Kais Saied ein unbeschriebenes Blatt ohne Hausmacht, aber mit populistischen Neigungen zum Präsidenten gewählt wurde. Von da an liefen, zum Schaden Tunesiens und der arabischen Welt, vor allem in Kairo die Vorbereitungen, in Tunesien die Verfassung auszuhebeln und den politischen Prozess zu beenden.
Tätig wurde Kais Saied, seit ihm Kairo ägyptische Generäle „beratend“ zur Seite gestellt hat. Vor zwei Monaten entließ er den Regierungschef; als der sich weigerte zu gehen, wurde er zusammengeschlagen. Das Parlament ist seither suspendiert, mehrere Abgeordnete wurden verhaftet. Und nun will Saied per Dekret regieren. Da er über keine Hausmacht verfügt, braucht er Partner, um seinen Verfassungsputsch erfolgreich durchzuziehen.
Unklar ist, ob er die findet. Unklar ist auch, wie sich die bislang unpolitische Armee verhält. Was auch immer geschieht: Das Land ist paralysiert und verliert wieder wichtige Jahre.