https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/datenkrake-cambridge-analytica-sammelt-unerlaubt-informationen-der-nutzer-15504081.html

Umstrittenes Datenunternehmen : Cambridge Analytica suspendiert eigenen Chef

Bild: Reuters

Ein wohlklingender Name und zweifelhafte Methoden: Cambridge Analytica steht immer heftiger in der Kritik. Der Chef der Firma soll sogar angeboten haben, Politiker zu erpressen. Jetzt muss Alexander Nix gehen.

          4 Min.

          Alexander Nix, suspendierter Chef des Unternehmens Cambridge Analytica, präsentiert sich gerne als Opfer. „Die Medien“ würden schon seit vielen Monaten versuchen, seine Firma „in einem koordinierten Angriff zu schädigen, weil wir etwas mit der Wahl von Donald Trump zu tun hatten“, klagte der Brite am Montag in einem Interview mit der BBC. Ja, ein paar Dinge würde er heute bedauern, gab er zu, aber an der Integrität seines Unternehmens wollte er keine Zweifel aufkommen lassen. Dabei war zum Zeitpunkt des Interviews die seriöse Fassade schon zusammengebrochen. Der britische Fernsehkanal Channel 4 hatte kurz zuvor heimlich mitgeschnittene Filmaufnahmen gesendet, auf denen Nix gegenüber vermeintlichen Auftraggebern andeutete, dass seine Firma auch erfolgreich schmutzige Methoden anwende, darunter Erpressung durch den Einsatz ukrainischer Prostituierter.

          Jochen Buchsteiner
          Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

          Der Enthüllungsbericht, in dem Journalisten des Senders als mögliche Auftraggeber auftraten, war nur der jüngste Beleg für die fragwürdigen Praktiken des Unternehmens. Zuvor waren so schwerwiegende Vorwürfe gegen das Kerngeschäft der Firma erhoben worden, dass die britische Datenschutzbeauftragte auf den Plan trat. Elizabeth Denham beantragte am Montagabend einen richterlichen Durchsuchungsbefehl für die Büros von Cambridge Analytica. Sie ist überzeugt, dass das Unternehmen im großen Stil persönliche Daten „ohne Autorisierung“ der Betroffenen von Facebook abgeschöpft und für geschäftliche sowie politische Zwecke genutzt hat. Ob sie mit ihrem Antrag Erfolg hat, ist ungewiss. Mehrere Abgeordnete wiesen am Dienstag darauf hin, dass sie ihre Befugnisse überschreite. Einige, wie der frühere Generalstaatsanwalt Dominic Grieve, leiteten daraus allerdings die Forderung ab, dass das Parlament die Regierungsstellen rasch mit mehr Macht ausstatten müsse. Auch seien „härtere Sanktionen“ nötig, sagte Grieve.

          Von seinen Aufgaben entbunden

          Cambridge Analytica teilte am Dienstagabend mit, dass Geschäftsführer Nix mit sofortiger Wirkung und während einer „vollständigen, unabhängigen Untersuchung“ von seiner Aufgabe entbunden werde. Zuvor hatte sich selbst Premierministerin Theresa May in die Affäre um das wohlklingende Unternehmen eingeschaltet. Nachdem ein amerikanischer Whistleblower zu Protokoll gegeben hatte, dass Cambridge Analytica Facebook-Daten von fünfzig Millionen überwiegend amerikanischen Nutzern ohne deren Wissen gesammelt hätte, äußerte sich May „sehr besorgt“. Noch im vergangenen Monat war Nix vor einen Parlamentsausschuss in London geladen worden. Dort hatte er bestritten, mit Daten von Facebook gearbeitet zu haben. Am Wochenende hatte Facebook die Zusammenarbeit mit Cambridge Analytica eingestellt. Am Montag war die Facebook-Aktie dann um sieben Prozent gefallen, was den Börsenwert des Unternehmens um 35 Milliarden Dollar schrumpfen ließ; am Dienstag musste Facebook weitere Verluste verschmerzen. Zugleich verließ der Sicherheitschef von Facebook, Alex Stamos, das Unternehmen. Dessen Chef, Mark Zuckerberg, hat sich bislang nicht persönlich geäußert.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.