In Boston protestieren Menschen gegen eine Impfpflicht in der Stadt. Bild: AFP/Joseph Prezioso
Präsident Joe Biden wollte auch dem privaten Sektor Impfungen vorschreiben. Nach langem Rechtsstreit könnte es nun losgehen, doch gerade viele Arbeitgeber sind verwirrt. Derweil ist Omikron in den USA schon dominant.
- -Aktualisiert am
Chaos, Verwirrung, Zumutung – das sind die Worte, mit denen sich zur Zeit viele Arbeitgebervertreter in amerikanischen Medien über die Impfpflicht für ihre Mitarbeiter beschweren. „Völlig verwirrt“ seien ihre Mandanten, zitierte die „New York Times“ eine Anwältin, die große Unternehmen zu ihren Kunden zählt. Auf dem Papier gilt die Impfplicht längst, aber noch müssen sich die amerikanischen Arbeitgeber gar nicht daran halten.
Präsident Joe Biden hatte größeren Firmen vorgeschrieben, ihre Belegschaft impfen oder wöchentlich testen zu lassen. Das betrifft alle Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern und damit 84 Millionen Menschen. Die Regelung stockte allerdings vor den Gerichten, bevor ein Bundes-Berufungsgericht sie vor einigen Tagen bestätigte.
Entscheidung des Obersten Gerichtshofs?
Nun beantragten 26 Arbeitgeberorganisationen und religiöse Verbände eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über die Impfpflicht. Die Arbeitgeber beklagen, sie hätten zu wenig Zeit, um ihre Testsysteme auszubauen. Das Arbeitsministerium verschob unterdessen die Fristen, so dass die Unternehmen sich formell erst im Februar an die neue Regelung halten müssen.
Bei den größten Unternehmern der USA führte die Ankündigung einer Impfpflicht aber laut dem Weißen Haus bereits zu Erfolgen. So habe der Anteil der Geimpften davor beim Lebensmittelhersteller Tyson Foods zum Beispiel nur bei 45 Prozent der Belegschaft gelegen – heute seien 75 Prozent geimpft. Bei Walmart sind es laut Informationen der „New York Times“ bislang 66 Prozent der rund 1,6 Millionen Mitarbeiter landesweit. Tech-Unternehmen wie Google und Facebook hatten die Impfung schon vor der Regierungs-Initiative verordnet.
Staaten und Kommunen erlassen eigene Regeln
Auch Bundesstaaten und Städte können strengere Vorschriften erlassen. Die Stadt New York geht dabei am weitesten und schreibt allen Unternehmen unabhängig von ihrer Größe vor, dass die Belegschaft geimpft sein muss. Es gibt keine Möglichkeit, die Impfung durch Tests zu umgehen. Die Regelung gilt ab dem 27. Dezember und betrifft 184.000 Firmen.
Zu diesen Unternehmen gehört auch der konservative Sender Fox News, der zwar die Ansichten vieler Rechter gegen die Impfung verbreitet, seinen eigenen Angestellten aber schon länger eine Impfung vorschrieb. Nun schaffe man auch die Alternative, sich negativ testen zu lassen, ab, erklärte die Fox Corporation, deren New Yorker Belegschaft bereits zu 90 Prozent immunisiert sei.
Die amerikanische Bundesregierung will bisher keine Booster-Impfung vorschreiben, einzelne Unternehmen wie die Investment-Bank Goldman Sachs verlangen sie aber von ihren Angestellten. Fachleuten zufolge wäre es rechtlich nicht möglich, die dritte Injektion für verpflichtend zu erklären, da die Organisation der Boosterimpfungen vielerorts immer noch stockt. Etwa 202 Millionen Einwohner sind vollständig geimpft, das sind 61 Prozent der Bevölkerung, aber nur 18 Prozent haben bislang auch eine Booster-Impfung erhalten. Auch an Testkapazitäten fehlt es in vielen Gemeinden weiter.
Neue Welle in den USA
Unterdessen gehen viele Angestellte, die zumindest tageweise wieder im Büro waren, erneut zurück ins Home Office. Vor den Arztpraxen und den Zelten der mobilen Tester bilden sich lange Schlangen.
In den USA werden zur Zeit im Sieben-Tages-Durchschnitt rund 133.000 neue Covid-Infektionen gemeldet. Allein in New York City gab es am Montag 15.245 neue Fälle, was ein Höchststand seit dem Beginn der Pandemie war – die Zahl ist auch der Tatsache geschuldet, dass es durch die Omikron-Variante nicht nur mehr Infektionen, sondern auch eine stark erhöhte Nachfrage nach Tests gibt.
Täglich um 12.00 Uhr
ANMELDENOmikron ist in den USA mittlerweile die vorherrschende Virus-Variante. 73 Prozent der Neuansteckungen seien auf Omikron zurückzuführen, teilt die Seuchenbehörde CDC mit. In der Woche zuvor waren erst knapp 13 Prozent der Fälle auf die Variante zurückgeführt worden.