China und die Ukraine-Krise : Stilles Unbehagen
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Handschlag, bei Lichte betrachtet: Die Präsidenten Putin und Xi Jinping Bild: AP
Pekings Beziehung zu Moskau war besser denn je - bis Putin sich die Krim einverleibte. China fällt es schwer, eine Haltung zu finden. Dennoch nutzt das Land die Gunst der Stunde.
Ausführlich berichtete die offizielle chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch über die von der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten verhängten Sanktionen gegen Russland wegen der Krise in der Ukraine. Einer Wertung der Maßnahmen enthielten sich sowohl Xinhua als auch die für ein ausländisches Publikum gedachten Zeitungen „China Daily“ und „Global Times“. Das passt zur Haltung Chinas zu einem Konflikt, der die Pekinger Führung vor Probleme stellt. Einerseits heißt es, die chinesisch-russischen Beziehungen seien so gut wie kaum jemals zuvor. Andererseits kommen im Zusammenhang mit der Ukraine mehrere Begriffe immer wieder zur Sprache, die für Peking einen eindeutig negativen Klang haben.
Russland mischt sich in die Angelegenheiten eines Nachbarstaates ein, es lässt auf der Krim eine – wie auch immer zu bewertende – Volksabstimmung abhalten und betrieb die Abspaltung der Halbinsel von der Ukraine. Mit ähnlichen Problemen sieht sich auch China konfrontiert – und zwar eher aus der Position der Ukraine als derjenigen Russlands. Als kürzlich in Hongkong Unterschriften für die Einführung voller Demokratie gesammelt wurden, führte dies in den Medien der Volksrepublik zu beinahe hysterischen Reaktionen.
„Illegal“ war noch die mildeste Formulierung für diesen Ausdruck des Volkswillens in der Sonderverwaltungszone. Und in Tibet und Xinjiang fürchtet China, politische Kräfte dort könnten die Abspaltung der Provinzen betreiben. Die russisch-chinesischen Beziehungen sind ambivalent. Am harmonischsten geht es in der Regel in den Vereinten Nationen zu, wo beide Staaten verlässlich westliche Initiativen aller Art zu torpedieren versuchen. Trotzdem gilt Russland nicht als ein in jeder Hinsicht vertrauenswürdiger Partner. Das macht sich zum Beispiel in dem beiden Ländern benachbarten Zentralasien bemerkbar. China nutzt seine Wirtschaftskraft, um Einfluss in der Region zu gewinnen.
Russland betrachtet die Region allerdings als seinen „Hinterhof“, in dem sich andere Mächte möglichst nicht breitmachen sollten. Außerdem gibt es in einigen zentralasiatischen Staaten Vorbehalte gegen das, was China als Entwicklungshilfe ansieht, was man aber auch gezielte Einflussnahme nennen könnte. Das Prinzip der Nichteinmischung hindert Peking allerdings daran, bedrängten Regimes etwa militärisch zur Hilfe zu kommen. In dieser Hinsicht hat Russland weniger Skrupel. China fürchtet in jedem Fall die Ausweitung der Putin-Doktrin, wonach russische und russischsprachige Minderheiten und Interessen in anderen Staaten von Moskau „geschützt“ werden, auf Zentralasien.
China verfolgt einen „mittleren Kurs“
Darin allerdings kann es sich einig fühlen mit zentralasiatischen Staaten wie Kasachstan. Offene Unterstützung für das russische Vorgehen hat China seit Beginn der Ukraine-Krise folgerichtig sorgfältig vermieden. Es verfolgt einen „mittleren Kurs“. In dieses Bild passen Äußerungen von Außenminister Wang Yi in einem Telefonat mit dem britischen Außenminister Hammond am Mittwoch. Nach Angaben der Agentur Xinhua sagte Wang, China begrüße alle Initiativen, die zu einer politischen Lösung des Ukraine-Konflikts beitrügen. Außerdem fordere es alle Beteiligten auf, eine „faire und objektive“ Untersuchung der Umstände des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine zu ermöglichen. Eigene Initiativen ergreift Peking – im Gegensatz etwa zum aktuellen Konflikt im Gazastreifen – hier weiterhin nicht.