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Chinesische Geschäftsleute : „Spionage-Abwehr-Training“ gegen ausländische Einflüsse

Misstrauen gegen Landsleute: Reisende in Schanghai Bild: EPA

Manche Geschäftsreisende werden in China bald verhört. Schon jetzt müssen Mitarbeiter von Behörden und Universitäten in vielen Fällen Gesprächsprotokolle schreiben, wenn sie Kontakt zu Ausländern aufnehmen.

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          China weitet die Kompetenzen des Ministeriums für Staatssicherheit aus. Neue Vorschriften, die am Montagabend veröffentlicht wurden, sehen vor, dass die Sicherheitsbehörden eine Liste von Unternehmen, Behörden und Organisationen erstellen, die nach ihrer Einschätzung Ziel von Spionage und „ausländischer Infiltration“ werden könnten. Für Mitarbeiter der gelisteten Institutionen sollen künftig verschärfte Sicherheitsregeln gelten. So soll ihr sozialer Hintergrund überprüft werden, und sie sollen vor Auslandsreisen ein Spionage-Abwehr-Training erhalten. Nach ihrer Rückkehr aus dem Ausland sollen die Mitarbeiter zudem von Sicherheitskräften befragt werden. Nach Angaben der „South China Morning Post“ handelt es sich um das erste nationale und sektorübergreifende Regelwerk für Spionageabwehr in China.

          Friederike Böge
          Politische Korrespondentin für die Türkei, Iran, Afghanistan und Pakistan mit Sitz in Ankara.

          Ein Sprecher des Ministeriums für Staatssicherheit wurde von Parteimedien mit den Worten zitiert, „ausländische Geheimdienste und verschiedene feindliche Kräfte haben ganz offensichtlich ihre Aktivitäten zur Infiltration und zum Diebstahl von Geheimnissen verstärkt“. Laut früheren amerikanischen Medienberichten von 2017 war es China zwischen 2010 und 2012 gelungen, ein ganzes Netzwerk von Dutzenden Informationsgebern des amerikanischen Geheimdienstes CIA durch Morde und Festnahmen auszuschalten. Die neuen Vorschriften unterstreichen die zunehmende Tendenz im Machtapparat, nationale Sicherheit gegenüber anderen Belangen zu priorisieren.

          Dabei geht es nicht nur um Spionageabwehr, sondern auch um eine Abschottung gegen westliche Einflüsse und eine stärkere Kontrolle potentieller Kritiker im eigenen Land. Mitte April hatten Staatsmedien „vom Westen unterstützte Farbenrevolutionen“ zur „größten Bedrohung für Chinas politische Sicherheit“ erklärt. Schon jetzt müssen Mitarbeiter von Behörden und Universitäten in vielen Fällen Gesprächsprotokolle schreiben, wenn sie Kontakt zu Ausländern aufnehmen. Die Überprüfung des sozialen Hintergrunds von Mitarbeitern gibt es beispielsweise für Polizisten und Hilfspolizisten. Dabei wird unter anderem abgefragt, ob die Eltern oder Geschwister des Betreffenden an den Protesten auf dem Tiananmen-Platz im Jahr 1989 teilgenommen haben.

          Kontakte vorab vorlegen

          Die „Global Times“ berichtete am Dienstag über ein Staatsunternehmen, dessen Mitarbeiter bei Reisen in die Länder des Geheimdienstverbunds „Five Eyes“, Amerika, Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland, seit 2019 angewiesen worden seien, ihren Vorgesetzten ihre Reiseziele und Treffen mit ausländischen Geschäftspartnern vorab vorzulegen. In dem Bericht wird zudem die Behauptung aufgestellt, chinesische Auslandsstudenten, deren Eltern ranghohe Regierungsmitarbeiter seien, würden regelmäßig zum Ziel von Spionageaktivitäten.

          Am „Tag der nationalen Sicherheit“ war vor zwei Wochen der Fall eines angeblichen chinesischen Journalisten verbreitet worden, der für ein westliches Medium gearbeitet und während eines Besuchs im Westen „Instruktionen“ von „feindlichen ausländischen Gruppen“ und Regierungsmitarbeitern erhalten habe. Im Juni 2019 sei er festgenommen worden. Die Veröffentlichung des Falls dient mutmaßlich der Diskreditierung westlicher Medien und der Einschüchterung der chinesischen Mitarbeiter.

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