Nach Puigdemonts Rückzug : Neuer Kandidat, neue Chance für Katalonien?
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Carles Puigdemont (hier Anfang April in Berlin) hat in letzter Minute Quim Torra als Nachfolgekandidaten nominiert. Bild: AFP
Carles Puigdemont zieht weiter die Strippen – und nominiert in letzter Minute einen Nachfolgekandidaten. Nun soll Quim Torra Kataloniens neuer Regionalpräsident werden. Ist das eine Chance?
Carles Puigdemont bleibt sich treu. Auch wenn der abgesetzte katalanische Regierungschef nicht mehr viel zu gewinnen hat, behält er die Initiative, solange er kann.
Frühestens an diesem Freitag war damit gerechnet worden, dass er den Kandidaten für seine Nachfolge nennt. Puigdemont nominierte aber schon am Donnerstagabend den Journalisten und früheren Museumsleiter Quim Torra aus Girona – aus der Katalanisten-Hochburg, in der der frühere Journalist und spätere Bürgermeister Puigdemont einst selbst seine kurze politische Laufbahn begonnen hat.
Wenn das katalanische Regionalparlament wirklich zu Beginn der nächsten Woche den 56 Jahre alten Quim Torra zum neuen Regierungschef wählt, geht Puigdemonts knapp zweieinhalb Jahre dauernde Karriere an der Spitze der katalanischen Separatisten ihrem Ende entgegen.
In Barcelona erhielt sein Kandidat Torra, der derzeit Abgeordneter und zuvor für kurze Zeit Vorsitzender der separatistischen Organisation Òmnium Cultural war, viel Lob für seine „Opferbereitschaft“. Puigdemont selbst sprach in einer Videobotschaft von einer „provisorischen Periode“, die nun bevorstehe. Spätestens seit Mittwoch wusste er aber, dass es für ihn keine Rückkehr mehr aus seinen alten Posten gab.
Puigdemont kann nicht gewählt werden
Das spanische Verfassungsgericht hatte den Antrag der Regierung angenommen, ein von der katalanischen Regionalparlament verabschiedete Gesetz für ungültig zu erklären: Es sollte die Wahl eines Regionalpräsidenten ermöglichen, auch wenn er im Plenarsaal in Barcelona nicht anwesend ist. Solange das Verfassungsgericht über das Gesetz berät, ist es außer Kraft. Das bedeutete, dass das katalanische Parlament keine Sitzung einberufen konnte, um Puigdemont zu wählen, der sich in Berlin aufhält.
Doch die Zeit drängt, denn am 22. Mai wird das Regionalparlament automatisch aufgelöst, wenn es bis dahin keine neue Regionalregierung gibt. Auch Puigdemonts Partei „Junts per Catalunya“ wollte am Ende keine Wahlen mit ungewissem Ausgang. Stattdessen kommt es in Barcelona wahrscheinlich am Montag zum vierten Wahlversuch seit der Parlamentswahl im vergangenen Dezember, der zum ersten Mal Aussicht auf Erfolg hat. Denn anders als bei Puigdemont, Jordi Sánchez und Jordi Turull laufen gegen Quim Torra keine Verfahren. Spätestens im zweiten Wahlgang, wenn eine einfache Mehrheit ausreichen würde, reichen die dezimierten Stimmen des Lagers der katalanischen Separatisten.
Chance auf Normalisierung
Eine Woche vor Ablauf der Frist gibt es in Katalonien damit die Chance für eine Normalisierung der politischen Lage: Mit der Bildung einer Regionalregierung würde die Geltung des Artikels 155 der spanischen Verfassung enden, mit dem die Zentralregierung in Madrid weitgehend die Kontrolle über die Regierungsgeschäfte in Katalonien übernommen hat.
Vor allem Puigdemonts Partner von den Linksrepublikanern (Erc) und die einstige Pdecat-Partei, die in seinem Wahlbündnis an den Rand gedrängt worden war, hatten verlangt, erst einmal auf dem Wahlerfolg des vergangenen Dezembers aufzubauen.
Puigdemonts eigene Frist läuft formell am 25. Mai ab. Bis dahin müssen die Richter in Schleswig über seine Auslieferung an Spanien entscheiden. Egal, welchen Beschluss sie fassen werden: Mindestens noch einmal wird Puigdemont für Schlagzeilen sorgen.