Burma : Die ungeliebten Chinesen von nebenan
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Gegen den „chinesischen“ Staudamm: Protest gegen das Großprojekt im vergangenen Jahr in Rangun Bild: dpa
Die Öffnung Burmas ist auch als Abwendung von China zu verstehen. Chinesen werden von vielen Burmesen nicht gemocht - unter anderem wegen ihres rüpelhaften Benehmens.
Wir können die Chinesen nicht leiden“, sagt Nyo Gyi und dreht sich zu seinen Freunden um. Sie nicken ihrem Dorfvorsteher zu. Nein, in Maungwataw mag man keine Chinesen. Nicht dass jemals ein Chinese seinen Fuß hierhin gesetzt hätte. Das zentralburmesische Dorf mit seinen hundert Familien kann nur über eine holprige Sandpiste erreicht werden, die sich von der Kreisstadt Nyaung U zwei Autostunden lang durch die karstige Landschaft windet. Es gibt hier keine Zeitungen, es gibt nicht einmal Strom, der Fernsehen in die Bambushütten bringen könnte. Aber die Geschichten von den wohlhabenden, rüpelhaften Chinesen, die in immer größeren Scharen nach Burma einfallen, haben sich bis Maungwataw herumgesprochen.

Politischer Korrespondent in London.
„Schauen Sie nach Mandalay, da gehören den Chinesen jetzt alle Geschäfte“, weiß Kyi Aye, der örtliche Schulleiter. „Sie werden immer reicher, und wir müssen für unser Trinkwasser drei Kilometer weit laufen.“ Ein Gutteil des dörflichen Unmuts gilt der Regierung in Naypidaw, aber gleich dahinter, auf der Rangliste der Abneigung, rangieren „die Chinesen“. Seit einigen Wochen erhält das Ressentiment neue Nahrung. Die Chinesen, heißt es, stünden dicht vor Maungwataw.
„Der Rest verschwindet in den Taschen unserer Regierung“
Sie arbeiten in einer Schneise, die, ein paar Kilometer entfernt, in den lichten Palmenhain geschlagen wurde. Dort laden sie seit Anfang des Jahres stählerne Röhren ab und verlegen sie in Nordostrichtung. Auf den weißen Stempeln ist zu lesen, dass das Material aus China stammt. Vor der einsamen Baustelle parkt ein Bus mit Aufpassern. Sie schlafen in der Mittagshitze. Hundert Meter von hier sieht man die bunten Zelte, unter denen Arbeiter die massiven Stahlrohre zu zwei parallel verlaufenden Pipelines zusammenschweißen. Ein Vorarbeiter in rotem Anzug eilt herbei und macht deutlich, dass hier Besuch nicht erwünscht ist. Er spricht Chinesisch.
Niemand weiß, wie viele Arbeiter aus dem großen Nachbarland eingereist sind, um das gewaltige, strategisch sensible Projekt abzuwickeln. Bis hinauf nach Mandalay sind die Hotels belegt mit chinesischen Ingenieuren. Über eine Strecke von 793 Kilometern werden die beiden Pipelines verlegt, bis sie in der chinesischen Provinz Yunnan enden. Durch sie soll von 2013 an Öl aus dem Arabischen Golf und Gas aus den burmesischen „Shwe Fields“ gepumpt werden. Die erste Hälfte der Verbindung ist betriebsbereit. Obwohl auch Inder und Koreaner an dem Gas-Projekt beteiligt sind und Burma fast die Hälfte der Öl-Pipeline hält, ist man in Maungwataw sicher, dass hauptsächlich China profitieren wird. „Der Rest verschwindet dann in den Taschen unserer Regierung“, heißt es.
Staatsvertragsarbeiter, Geschäftsreisende, vor allem aber illegale Einwanderer - immer mehr Chinesen bevölkern Burma. Die Spannungen werden zwar seit einigen Monaten von der Öffnung des politischen Systems überstrahlt, aber im Schatten des Umbruchs gärt es. Diplomaten sehen im Verhältnis der Einheimischen zu den Chinesen „eine der großen politischen Unbekannten“ - neben dem schwer einschätzbaren Verlauf der Reformen und den komplizierten Friedensverhandlungen mit den angestammten ethnischen Minderheiten.