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Machtkampf in Venezuela : Gutachten nährt Zweifel an Guaidó-Anerkennung

  • Aktualisiert am

Juan Guaidó wurde von mehrere Staaten anerkannt. Bild: AFP

Die Anerkennung des selbst ernannten venezolanischen Übergangspräsidenten Juan Guaidó könnte Einmischung in innere Angelegenheiten sein, heißt es in einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags.

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          Die internationale Anerkennung des selbst ernannten venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaidó wirft nach einem Gutachten des Bundestags völkerrechtliche Fragen auf. Es gebe „starke Gründe für die Annahme“, dass die Anerkennung Guaidós eine Einmischung in innere Angelegenheiten sei, heißt es in der siebenseitigen Expertise, die von der Linksfraktion in Auftrag gegeben wurde und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die Frage sei „durchaus berechtigt“, ob dies nicht als unzulässige Intervention zu bewerten sei.

          Guaidó hatte sich am 23. Januar selbst zum Interimspräsidenten ausgerufen. Zur Begründung sagte er, die Wahl von Staatschef Nicolás Maduro im Mai vergangenen Jahres habe nicht demokratischen Ansprüchen entsprochen. Maduro bezeichnet Guaidó hingegen als eine Marionette der Vereinigten Staaten und lehnt Neuwahlen ab. Die Vereinigten Staaten und eine Reihe lateinamerikanischer Staaten stellten sich hinter Guaidó. Auch Deutschland und zwölf weitere EU-Länder erkannten den jungen Parlamentspräsidenten als rechtmäßigen Übergangsstaatschef des südamerikanischen Krisenstaats an. Zuvor hatten sie Maduro aufgefordert, binnen acht Tagen eine faire und freie Neuwahl des Präsidenten anzusetzen. Dieser ließ die Frist aber verstreichen.

          Dem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zufolge ist es für die Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit wichtig, ob sich der neue Präsident bereits endgültig durchgesetzt hat. Die Anerkennung dürfe nicht vorzeitig erfolgen. Diese Frage lasse sich im Fall Venezuela allerdings nicht zweifelsfrei beantworten. Zugleich betont das Gutachten: „Die bloße Anerkennung verleiht der neuen Regierung keine Legitimität.“

          Der Linken-Politiker Andrej Hunko erklärte, es sei „völlig offensichtlich“, dass Guaidó derzeit keine reale Macht in Venezuela habe. „Ihn als Präsidenten anzuerkennen stellt einen verantwortungslosen Akt dar, der den ohnehin schon gefährlichen Konflikt weiter verschärft“, kritisierte er. Es gebe die Gefahr eines Bürgerkriegs oder einer Militärintervention. „Die Bundesregierung hätte vermitteln können“, sagte Hunko. Diese Chance sei durch die Anerkennung Guaidós vertan.

          Die wissenschaftlichen Dienste des Bundestages unterstützen die Abgeordneten, ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Bundestags wieder.

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