Hilfe für Kurden im Nordirak : Regierung berät über deutsche Waffenlieferungen
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Eine transportable Panzerabwehrrakete vom Typ Milan Bild: picture-alliance/ dpa/dpaweb
Schickt Deutschland den Kurden Panzerabwehrraketen vom Typ „Milan“? Zur Stunde berät das Kabinett über Waffenlieferungen in den Nordirak. Offenbar kann die Bundeswehr wegen schlechter Ausstattung nicht alle Zusagen erfüllen.
Die Entscheidung über deutsche Waffenlieferungen in den Irak steht kurz bevor. An diesem Mittwoch wollen die zuständigen Minister darüber beraten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich abermals offen für eine Aufrüstung der kurdischen Streitkräfte für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). „Wir müssen den Kurden schon auch die Möglichkeit geben, sich zur Wehr zu setzen“, sagte er am Dienstag im ZDF. Steinmeier fügte hinzu: „Es gibt Situationen, in denen kann man sich durch Unterlassen ebenso schuldig machen wie durch Tun.“
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht die Debatte über Waffenlieferungen als Weiterentwicklung der deutschen Sicherheitspolitik. „Wichtiger als die Frage, ob und welche Waffe wir am Ende liefern, ist die Bereitschaft, Tabus beiseite zu legen und offen zu diskutieren. An dieser Stelle sind wir gerade“, sagte von der Leyen der Wochenzeitung „Die Zeit“. Lange Zeit seien deutsche Waffenlieferungen in aktuelle Konfliktregionen nicht vorstellbar gewesen.
„Wir prüfen derzeit, was im Nordirak gebraucht wird, was andere liefern und was wir leisten können“, betonte von der Leyen. Es gehe nicht mehr um humanitäre Hilfe versus Ausrüstungshilfe, es gehe um beides. „Was längst vorbei ist, ist die Politik allein mit dem Scheckbuch“, sagte die Verteidigungsministerin. „Das löst innenpolitisch oft schmerzhafte und dilemmareiche Debatten aus, aber dem müssen wir uns angesichts der gewachsenen wirtschaftlichen und politischen Bedeutung unseres Landes stellen.“
Die Grünen fordern ein Bundestagsmandat. „Die Bundesregierung darf eine mögliche Lieferung von tödlichen Waffen nicht ohne das Parlament beschließen“, sagte Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt „Spiegel Online“. „In einen kriegerischen Konflikt Waffen zu liefern, wäre eine Entscheidung von immenser Tragweite.“ Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sprach sich ebenfalls für ein Bundestagsmandat aus. „Ich glaube, das geht nicht am Parlament vorbei“, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“.
Nach einem Bericht von „Tagesschau.de“ ist im Verteidigungsministerium die Lieferung von Panzerabwehrraketen vom Typ „Milan“ im Gespräch. Die kurdischen Peschmerga-Streitkräfte verlangen vom Westen solche Waffen, um die von der IS-Miliz erbeuteten gepanzerten Fahrzeuge wirksam bekämpfen zu können. Die „Milan“-Raketen sind 12 Kilogramm schwer und 90 Zentimeter lang.
Seit den 70er Jahren wurden von dem deutsch französischen Konsortium Euromissile (heute MBDA) 10.000 Abschusswaffen und 350.000 Raketen produziert und in rund 40 Länder exportiert. Die Bundeswehr beschaffte 1600 Waffen.
Geplante Hilfsflüge verschoben
Bisher hat die Bundesregierung neben humanitärer Hilfe nur die Lieferung von militärischer Ausrüstung wie Schutzwesten, Helmen und Nachtsichtbrillen oder auch Kleinlastwagen zugesagt. Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung gibt es dabei aber Probleme. Unter Berufung auf ein vertrauliches Papier für Generalinspekteur Volker Wieker berichtet das Blatt, Schutzwesten könnten gar nicht geliefert werden, weil die zur Verfügung stehenden Westen veraltet und die Schutzplatten im Innern brüchig seien.
Die Bundeswehr musste an diesem Mittwoch drei geplante Hilfsflüge in den Nordirak verschieben. Es liege keine Landeerlaubnis für einen Zwischenstopp im türkischen Incirlik vor, sagte ein Sprecher der Luftwaffe. An Bord von drei Transall-Maschinen sollten eigentlich etwa 20 Tonnen Lebensmittel in den Nordirak geflogen werden. Erst am Samstag hatten Bundeswehrmaschinen Hilfsgüter in den Irak gebracht.
Die Bundeswehr kann nach einem Zeitungsbericht die Zusage, die kurdische Armee im Kampf gegen die IS-Terrormilizen auszurüsten, nur teilweise erfüllen. Das gehe aus einen vertraulichen Papier des Bundesverteidigungsministeriums für Generalinspekteur Volker Wieker hervor, das der „Bild“-Zeitung vorliege.
Nachtsichtgeräte und Schutzwesten sind Mangelware
Demnach können Schutzwesten gar nicht geliefert werden, weil die zur Verfügung stehenden Westen veraltet und die Schutzplatten im Innern brüchig geworden seien. Sie würden keinen Schutz bieten, heiße es in der Aufstellung. Bei Nachtsichtgeräten seien von mehr als 1000 geplanten lediglich 680 sofort verfügbar. 400 könnten vermutlich erst in 3 Wochen besorgt werden. Die Geräte seien Mangelware bei der Bundeswehr.
Beim Kleinlaster Unimog gebe es ebenfalls massive Probleme. Von 58 möglichen Autos, seien 35 nicht einsatzbereit, hätten keine Zulassung mehr für die Verwendung in der Bundeswehr und müssten teuer repariert werden. Problemlos lieferbar seien nur Schutzhelme, Funkgeräte und Metall-Detektoren, schrieb das Blatt.
Bei Nachtsichtgeräten seien von mehr als 1000 geplanten lediglich 680 sofort verfügbar. 400 könnten vermutlich erst in drei Wochen besorgt werden. Die Geräte seien Mangelware bei der Bundeswehr.
Im Nordirak liefern sich die Milizen der autonomen Kurdenregion Gefechte mit den Islamisten des Islamischen Staates (IS).