Brüssel : EU-Gipfel erzielt Einigung über Asylpolitik
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Kanzlerin Angela Merkel muss in Brüssel hart verhandeln. Bild: dpa
Die Staats- und Regierungschefs haben sich nach stundenlangen Verhandlungen auf einen Kompromiss geeinigt: Unter anderem sollen EU-Staaten geschlossene Auffanglager für Flüchtlinge errichten – auf freiwilliger Basis.
Der EU-Gipfel hat sich nach der Blockade Italiens in der Migrationsfrage geeinigt. Die 28 EU-Staats- und Regierungschefs hätten sich auf Schlussfolgerungen einschließlich der Migration verständigt, teilte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach stundenlangen Beratungen in der Nacht zum Freitag im Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Die EU-Staaten haben sich bei ihrem Gipfel in Brüssel darauf geeinigt, in der EU geschlossene Aufnahmelager für gerettete Bootsflüchtlinge einzurichten. Diese sollen in Ländern entstehen, die sich freiwillig dazu bereiterklären. Aus den Lagern heraus sollen die Menschen wiederum auf Staaten verteilt werden, die freiwillig mitmachen. Welche das sein könnten, blieb zunächst unklar.
Zugleich sollen nach dem Willen der EU-Staaten auch Sammellager in nordafrikanischen Staaten entstehen, damit sich weniger Migranten illegal auf den Weg übers Mittelmeer machen. Allerdings lehnen die betroffenen Staaten dies bislang ab.
Wie Kanzlerin Angela Merkel sagte, sei auch eine stärkere Ordnung und Steuerung der sogenannten Sekundärmigration innerhalb der EU vereinbart worden – dem Kern des Streits in der Union. Klar sei, dass alle sich an Regeln halten müssten und sich kein Asylbewerber einen EU-Staat aussuchen dürfe. „Es braucht aber auch Solidarität mit den Ankunftsländern“, fügte Merkel hinzu. Details dazu wurden nicht bekannt.
Offen bleibt, ob das nach mehr als zwölf Stunden erzielte Ergebnis den Weg aus dem erbitterten Asylstreit in Deutschland weisen könnte. Merkel sucht dringend einen europäischen Ansatz, um das Weiterziehen von registrierten Asylbewerbern aus anderen EU-Ländern nach Deutschland zu bremsen. Anderenfalls will Innenminister Horst Seehofer solche Migranten im Alleingang an der deutschen Grenze abweisen.
Italien hatte am Abend mit einer Blockade der Gipfelbeschlüsse gedroht und Zugeständnisse von den übrigen EU-Ländern gefordert. Wegen seiner Lage am Mittelmeer ist das Land erster Anlaufpunkt für Zehntausende Migranten und fühlt sich von den europäischen Partnern im Stich gelassen. Allerdings ist es Deutschland, das EU-weit die meisten Flüchtlinge aufnimmt.
Auf europäischer Ebene war der Druck zu einer Einigung in den vergangenen Wochen gewachsen, seit in Rom die neue Regierung aus rechter Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung im Amt ist. Diese hatte in den vergangenen Tagen Flüchtlingsschiffen privater Hilfsorganisationen die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt und damit Krisenstimmung aufkommen lassen.
Für den Vorschlag sogenannter Anlandepunkte außerhalb der EU für aus Seenot gerettete Flüchtlinge hatte sich auch EU-Ratspräsident Donald Tusk stark gemacht. Rom sieht sich als Hauptankunftsland für Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute von den anderen EU-Staaten allein gelassen. Denn nach den EU-Regeln ist normalerweise das Erstankunftsland für Asylbewerber zuständig. Aus Protest hat Italien bereits Schiffen mit vor Libyen geretteten Flüchtlingen die Einfahrt in seine Häfen verweigert.