Ermittlungen geleakt : Richter schickt Bolsonaro zur Vernehmung
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Jair Bolsonaro im Januar in Brasilia Bild: Reuters
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro soll am heutigen Freitag bei der Bundespolizei aussagen. Fraglich ist, jedoch, ob er zur Vernehmung erscheint.
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro soll am Freitag vor der Bundespolizei aussagen. Grund sind Aussagen Bolsonaros während einer Liveübertragung in den sozialen Netzwerken, in der Bolsonaro das elektronische Wahlsystem Brasiliens angriff und sich dabei unter anderem auf eine Hackerattacke auf die Informatik des Wahlgerichtes vor vier Jahren bezog. Einige Informationen stammten offensichtlich aus einer laufenden und unter Geheimhaltung stehenden Ermittlung der Bundespolizei zur Hackerattacke. Bolsonaro soll der Polizei Auskunft darüber geben, wie diese Informationen durchgesickert sind.
Bolsonaro hatte sich zunächst kooperativ gezeigt, dann jedoch den Termin für seine Aussage verschoben. In dieser Woche erreichte das Gericht schließlich ein Gesuch des Präsidenten, nicht persönlich aussagen zu müssen. Der Oberste Richter Alexandre Moraes, der die vom Wahlgericht beantragte Untersuchung betreut, ging jedoch nicht auf das Gesuch des Präsidenten ein. Bolsonaro stehe es frei, auszusagen oder zu schweigen, doch das Verfahren selbst müsse eingehalten werden, erklärte Moraes.
Ob Bolsonaro an diesem Freitag zur Aussage bei der Polizei erscheint oder eine richterliche Weisung missachtet, ist offen. Nicht zum ersten Mal geraten Bolsonaro und Moraes aneinander. Der Oberste Richter ist der verantwortliche Berichterstatter in einer laufenden Untersuchung über die systematische Verbreitung von Falschnachrichten, die sich auch gegen den Präsidenten und dessen Söhne richtet. Im Rahmen der Untersuchung kam es im vergangenen Jahr zu mehreren Festnahmen und Verhören von Politikern, Unternehmern und „Influencern“ aus dem politischen Dunstkreis Bolsonaros.
In derselben Sendung, in der Bolsonaro Informationen über die besagte Ermittlung zum Hackerangriff preisgab, zog der Präsident auch das brasilianische Wahlsystem in Zweifel und sprach von Wahlbetrug in der Vergangenheit, den er indirekt der Wahljustiz unterstellt, ohne das beweisen zu können. Wegen dieser Aussagen läuft gegen Bolsonaro ein Verfahren wegen Verleumdung und Anstachelung zu Straftaten. Auch wird gegen den Präsidenten ermittelt, weil er angeblich über einen Korruptionsversuch beim Kauf von Impfungen durch das Gesundheitsministerium informiert worden sein soll, dies jedoch nicht meldete. Auch für ein Video, in dem Bolsonaro Falschinformationen über einen angeblichen Zusammenhang zwischen der Corona-Impfung und HIV-Infektionen verbreitete, muss der Präsident sich voraussichtlich vor der Justiz verantworten.