Brasilien : Bolsonaro nach Komplott-Vorwurf in Bedrängnis
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Jair Bolsonaro, ehemaliger Präsident Brasiliens, am 31. Januar in Orlando, Florida Bild: AFP
Während eines geheimen Treffens soll ein Senator in einen Putsch-Plan eingeweiht worden sein. Doch die Aussagen des Zeugen ändern sich ständig.
War Brasiliens ehemaliger Präsident Jair Bolsonaro an der Planung eines Komplotts beteiligt, um an der Macht zu bleiben? Die Aussagen des Bolsonaro nahestehenden Senators Marcos do Val und belastende Kurznachrichten legen die Existenz eines solchen Plans nahe. Er soll darin bestanden haben, den Vorsitzenden des Obersten Wahlgerichts festzunehmen, um die Wahl anschließend zu annullieren und die Amtseinsetzung von Bolsonaros Nachfolger Lula da Silva zu verhindern.
Bereits Anfang Januar hatte ein beim früheren Justizminister gefundenes Dokument für Aufsehen gesorgt, in dem ein Dekret skizziert war, um einen Notstand im Obersten Wahlgericht auszurufen und eine Kommission unter der Leitung des Verteidigungsministeriums einzusetzen, die den Wahlprozess und das Ergebnis überprüfen und korrigieren sollte.
Wer den Dekretentwurf verfasst hat, ist weiterhin unklar. Die Aussagen von Marcos do Val gehen jedoch weiter. Seinen Schilderungen zufolge soll es am 9. Dezember des vergangenen Jahres zu einem geheimen Treffen in der Residenz des Präsidenten gekommen sein. Dort wurde der Senator von Bolsonaro und vom gerichtlich verurteilten und von Bolsonaro begnadigten Abgeordneten Daniel Silveira empfangen, der ihn in den Plan eingeweiht haben soll.
Bundespolizei wertet Aussagen aus
Demnach hätte Senator do Val sich mit dem Vorsitzenden des Obersten Wahlgerichts, Verfassungsrichter Alexandre de Moraes, treffen sollen, um ihm Aussagen zu entlocken und aufzuzeichnen, mit denen eine Verhaftung des Richters hätte forciert werden können, um den Plan anzustoßen und „Brasilien zu retten“, wie Bolsonaro gesagt haben soll. Do Val wurde auserwählt, weil er den Richter schon länger kennt. Für seine Mission wäre der Senator angeblich mit moderner Technik aus dem Arsenal des Geheimdienstes ausgestattet worden. Doch der Plan kam seinen Worten nach nicht zur Umsetzung. Stattdessen beschloss der Senator, Richter Moraes über das Treffen zu informieren.
Am Donnerstag kam die Sache ans Licht. Wenige Stunden bevor das Magazin „Veja“ die Geschichte veröffentlichte, wandte sich Marcos do Val an die Öffentlichkeit, um seinen Rücktritt und Ausstieg aus der Politik bekanntzugeben. Im Laufe des Tages und nach diversen Gesprächen, darunter mit den Söhnen Bolsonaros und anderen Politikern, zog er nicht nur seinen Rücktritt zurück, sondern änderte mehrmals seine Darstellung der Geschehnisse, um Bolsonaro zu entlasten. In einer ersten Version hatte do Val gesagt, dass Bolsonaro ihn ermuntert hätte. In einer Aussage gegenüber der Bundespolizei soll der Senator zu Protokoll gegeben haben, Bolsonaro habe sich nicht gegen den Plan gestellt. In einem weiteren Interview sagte er schließlich, Bolsonaro habe lediglich zugehört.
Die Aussagen und das Material von do Val werden von der Bundespolizei ausgewertet, die bereits im Zusammenhang mit den von Bolsonaro-Anhängern verübten Attacken auf das Regierungsviertel am 8. Januar ermittelt. Die Ermittlungen richten sich auch gegen die „intellektuellen Urheber“ der Anschläge, zu denen auch der ehemalige Präsident Bolsonaro gezählt wird. Die Aussagen des Senators dürften Bolsonaro weiter in Bedrängnis bringen. Seit Dezember hält dieser sich in Florida auf, wo die brasilianischen Ermittler und die Justiz keinen Zugriff auf ihn haben. Vor wenigen Tagen hat er die Verlängerung seines Touristenvisums beantragt. In Washington werden Stimmen laut, die seine Auslieferung an Brasilien fordern. Bisher liegt jedoch kein Antrag der brasilianischen Behörden vor.