„Aus dem Koma erwacht man nicht in einer Stunde“
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Mutig: Olga Tokartschuk Bild: www.youtube.com / Screenshot F.A.Z.
Wenn Olga Tokartschuk protestiert, liegen zu Hause Anwalts-Telefonnummern bereit. Ihre Geschichte spiegelt die Revolution, die Belarus durchlebt. Die Diktatur ist brutaler denn je – doch die Bloggerin bleibt optimistisch.
Olga Tokartschuk ist Belarussin – und Optimistin. Wie lange sich Diktator Alexandr Lukaschenka noch an die Macht klammert, weiß sie natürlich nicht. „Noch ein paar Monate dürfte es weitergehen“, sagt die 35 Jahre alte Designerin aus Minsk. Aber kein Jahr mehr. Olga ist sicher, dass Lukaschenka gehen wird, wie es Hunderttausende Belarussen seit bald vier Monaten fordern. „Das Volk ist aufgewacht“, sagt sie: „Man wird uns nicht zum Schweigen bringen.“ Die Demonstranten seien bereit, zu hungern, einander zu helfen, vor Sicherheitskräften davonzurennen, so lange, bis ihre Forderungen erfüllt würden: Freilassung aller politischen Gefangenen, Neuwahlen, Rückzug Lukaschenkas.

Politischer Korrespondent für Russland und die GUS in Moskau.
„Geh einfach!“ Das sagt Olga Tokartschuk im Skype-Gespräch aus dem Kinderzimmer ihres Sohnes. Dort, vor Kampfflugzeugsilhouetten, zeichnet sie fast täglich Videoblogs auf. Manche werden auf Youtube zigtausendfach aufgerufen. Gerade griff Tokartschuk den Fall eines jungen Mannes auf, den ein Richter wegen „gedanklicher Unterstützung“ von Demonstranten in Arrest geschickt habe. Es kann jeden treffen, für Nichtigkeiten drohen 15 Tage Arrest, Prügel. Viele Regimegegner wollen anonym bleiben. Doch die zweifache Mutter – der Sohn ist sieben, die Tochter drei Jahre alt – bloggt nicht nur, sie war, wie Tokartschuk erzählt, bei jedem Marsch dabei. Rannte weg, versteckte sich in einer fremden Wohnung, in einer Pizzeria vor den Sicherheitsleuten. Festgenommen wurde sie noch nie. Vielleicht half ihr, dass sie klein und zierlich ist; wahrscheinlich hatte sie nur Glück.
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