Bidens Demokratiegipfel : Irak bis Mikronesien – aber Orbáns Ungarn muss draußen bleiben
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Isoliert: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán Bild: AP
Amerikas Präsident Joe Biden hat mehr als hundert Staats- und Regierungschefs zu einem Demokratie-Gipfel eingeladen. Ungarn aber nicht. Das Land blockiert nun eine gemeinsame EU-Position und beklagt eine „Spaltung“ der EU.
Einhundertelf Staaten hat der amerikanische Präsident Joe Biden zu seinem ersten „Gipfel für Demokratie“ eingeladen. Ende nächster Woche wollen sie zwei Tage lang über Herausforderungen, Gelegenheiten und Reformen reden, wegen der Pandemie virtuell, aber auf Ebene der Staats- und Regierungschefs. Albanien ist dabei, der Irak, Nepal, Mikronesien und Vanuatu. Natürlich sind auch alle EU-Staaten eingeladen – bis auf: Ungarn. Viktor Orbán muss draußen bleiben, und das lässt ihn keineswegs kalt, wie die jüngste Sitzung der EU-Botschafter zeigte.
Dort meldete sich Orbáns Mann in Brüssel erbost zu Wort. Die Nichteinladung seines Landes stelle eine „Spaltung der EU“ dar, schimpfte Tibor Stelbacyk laut einem internen Protokoll der Sitzung, das der F.A.Z. vorliegt. Der „Ausschluss“ seines Landes sei Zeichen fehlender Einigkeit in der Europäischen Union. Stelbacyk beklagte mangelnde Solidarität. Es sei bedauerlich, dass Ungarn wegen des Ausschlusses keine Unterstützung seiner Partner gegenüber den „Drittpartnern“ erfahre – gemeint waren die Vereinigten Staaten. Andere Botschafter meldeten sich nicht zu Wort.
Für die EU ist die Blockade zu verschmerzen
Der ungarische Vertreter beließ es nicht bei Klagen, er kündigte an, die EU könne ohne Einigkeit keine Erklärung bei dem Gipfeltreffen abgeben. Das betrifft Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den Präsidenten des Europäischen Rats Charles Michel, die ebenfalls eingeladen sind. Allerdings sind sie nicht zum Schweigen verdammt. Wie der Juristische Dienst des Rats noch in derselben Sitzung klarstellte, dürfen sie zwar keine neuen Positionen vertreten, wohl aber solche, die bisher schon geeint waren. Schließlich sei die Förderung der Demokratie in Artikel 2 des EU-Vertrags festgeschrieben.
Für die EU ist die Blockade deshalb zu verschmerzen, zumal es unter den Mitgliedstaaten ohnehin keine Einigkeit über eine gemeinsame Position gibt. Insbesondere Frankreich kritisierte intern, es reiche nicht, wenn man eigenes Engagement hervorhebe, man müsse auch von anderen Verpflichtungen einfordern. Außerdem sei die amerikanische Kommunikation ungenügend.
Nach Mitteilung des amerikanischen Außenministeriums soll die virtuelle Zusammenkunft den Führern der Länder „eine Plattform bieten, um individuelle und gemeinsame Zusagen, Reformen und Initiativen zur Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten bei sich zuhause und in der Welt anzukündigen“. Das Treffen soll um drei Themen kreisen: die Abwehr von Autoritarismus, der Kampf gegen Korruption und Einsatz für Menschenrechte.
Von Bidens Vorgänger Donald Trump war Orbán noch hofiert und im Weißen Haus empfangen worden. Vor der Präsidentenwahl im vorigen Jahr hatte er als einziger EU-Regierungschef Trump unterstützt.