Beschneidung in New York : Der Kampf des Rabbis
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Das Ende der Beschneidungszeremonie: Rabbi Avrohom Cohn saugt das Blut von der Wunde Bild: MICHAEL NAGLE/The New York Times
In New York wurden für Beschneidungen strengere Bestimmungen erlassen. Orthodoxe jüdische Gemeinden wehren sich. Der Rabbi Romi Cohn würde dafür sogar ins Gefängnis gehen.
Der New Yorker Rabbi Avrohom „Romi“ Cohn hat den Holocaust überlebt. Geboren im März 1929 in Pressburg (Bratislava) in der Slowakei, erlebte Cohn die Zerteilung seines damaligen Heimatlandes Tschechoslowakei. Dann kamen die Annexion der „Rest-Tschechei“ durch die Nazis, der Krieg, die deutsche Besetzung, Massendeportationen der Juden aus der Slowakei und aus Ungarn, wohin Cohn 1942 geflohen war. Es folgte der Kampf der Partisanen, denen sich der Jugendliche nach seiner Flucht angeschlossen hatte, die Befreiung Mitteleuropas durch die Sowjettruppen, das Chaos und das Elend der unmittelbaren Nachkriegszeit - das alles hat Romi Cohn er- und überlebt. Schließlich emigrierte er nach Amerika, wo er ein weithin geachteter Rabbi und Mohel im New Yorker Stadtteil Brooklyn wurde. Nun ist er 83 Jahre alt und sagt, für die Beschneidung würde er auch ins Gefängnis gehen.
Babyblut mit Rotwein vermischt
Der Mohel nimmt die in der Tora vorgeschriebene Beschneidung männlicher jüdischer Säuglinge am achten Tag nach der Geburt vor: die Brit Milah. Die Befugnis, sie zu vollziehen, erlangt ein Mohel nach einer mehrjährigen Schulung, die medizinische wie theologische Studien umfasst. Rabbi Romi Cohn hat in seiner gut vier Jahrzehnte währenden Laufbahn als Mohel mehr als 25.000 Beschneidungen hinter sich. Und er hat bei mehr als 25.000 frisch beschnittenen Säuglingen das Blut, das nach der Entfernung der Vorhaut an dem winzigen Penis austritt, mit dem Mund abgesaugt. Nach Überzeugung ultra-orthodoxer Juden schließt erst dieses Ritual, das „Metzitzah B’peh“, die Beschneidungszeremonie ab.
„Gott sei es gedankt, in keinem einzigen Fall ist es dabei zu einer Infektion gekommen“, sagt Rabbi Cohn: „Denn unsere Richtlinien sind viel strenger als jene der medizinischen Zunft.“ Ehe Rabbi Cohn eine Brit Milah samt Metzitzah B’peh vornimmt, reinigt und sterilisiert er seine Hände und spült den Mund mit einem antiseptischen Mundwasser aus. Unmittelbar nach der Entfernung der Vorhaut mit einem Skalpell nimmt er einen Schluck Rotwein in den Mund, beugt sich über den frisch beschnittenen Penis, saugt für einen kurzen Augenblick das aus der Schnittstelle austretende Blut ein und lässt den mit einem Tröpfchen Babyblut vermischten Rotwein aus seinem Mund auf die Wunde fließen. „Wenn man sich strikt an das Ritual hält, nimmt das Baby keinen Schaden“, sagt Rabbi Cohn. Eine solche Beschneidung „ist ein Anlass der Freude, da ist nichts Traumatisches daran“, versichert er.
So sieht es auch ein Rat ultraorthodoxer Rabbiner in Crown Heights, jenem Teil von Brooklyn, der eher an ein Schtetl als an eine amerikanische Metropole des 21. Jahrhunderts erinnert. „Es gibt keinen Grund zur Sorge wegen des Metzitzah B’peh“, heißt es in dem Dekret aus Crown Heights. Das Ritual sei „im Gegenteil sogar heilsam, wie selbst Ärzte bestätigen“.