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Energieversorgung : Belgien verlängert Laufzeit von zwei Atomreaktoren

Das Atomkraftwerk in Doel am 19. September 2022 Bild: EPA

Die Verhandlungen waren schwierig, der französische Energiekonzern spielte seine Macht aus. Aber die belgische Regierung sah keine andere Wahl – es ging um die Versorgungssicherheit.

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          Die belgische Regierung hat sich mit dem französischen Energiekonzern Engie darauf verständigt, zwei Atomkraftwerke im Land zu modernisieren und zehn Jahre länger laufen zu lassen. Beide Seiten trafen eine Rahmenübereinkunft, die den Betrieb der Reaktoren in einer neuen Gesellschaft vorsieht, an der der belgische Staat zur Hälfte beteiligt ist. Außerdem wurden Parameter für die Beteiligung des Staats an den Kosten des Rückbaus und der Endlagerung von Atommüll vereinbart, wie die Regierung am Montagabend mitteilte.

          Thomas Gutschker
          Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

          Die Einigung sei wichtig, sagte Ministerpräsident Alexander De Croo, „weil sie dazu beiträgt, unsere Versorgungssicherheit in den nächsten Jahren zu garantieren“. Man übe künftig die Kontrolle über den in Belgien produzierten Strom aus, „und die Atomenergie ist im Allgemeinen günstiger als Gas“. Beide Seiten setzten mit ihrer Übereinkunft eine Absichtserklärung zur Laufzeitverlängerung vom Juli um. Die Verhandlungen führte mit Tinne van der Straeten eine Energieministerin von den Grünen.

          Schwerer Stand der Regierung

          Die aus sieben Parteien bestehende Regierungskoalition hatte sich im Grundsatz darauf verständigt, den 2003 im Gefolge Deutschlands beschlossenen Atomausstieg rückgängig zu machen. Sonst hätten die Reaktorblöcke Doel 4 und Tihange 3 im Jahr 2025 als letzte von insgesamt sechs Blöcken abgeschaltet werden müssen. Nun werden sie zwar für ein gutes Jahr vom Netz genommen und modernisiert, sollen aber von November 2026 an für insgesamt zehn weitere Jahre laufen. Ohne die Verlängerung hätte nach Studien eine akute Versorgungslücke gedroht.

          Die belgische Regierung hatte in den Verhandlungen mit Engie einen schweren Stand. Der Konzern lehnte es ursprünglich ab, die Laufzeiten zu verlängern. Nach der politischen Wende in Brüssel war er in einer starken Verhandlungsposition und drang auf finanzielle Konzessionen. Gemäß dem neuen Modell werden sich der Konzern und der belgische Staat Investitionen und Erträge teilen.

          Wie hoch die Kosten für die Abwicklung der Meiler nach Laufzeitende und die Endlagerung des Atommülls ausfallen, bleibt zunächst offen. Angestrebt wird ein gedeckelter Betrag, den Engie entrichtet. Dafür wurde eine komplexe Formel entwickelt, auf deren Basis nun eine neue Schätzung erfolgen soll. Liegen die realen Kosten dann höher, muss der Staat einspringen, sofern nicht Engie dafür verantwortlich ist. Der Konzern hat schon 15 Milliarden Euro zurückgestellt. In französischen Medien wurde über mögliche Gesamtkosten von 20 Milliarden Euro berichtet.

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