Aufrüstung in Asien : Chinas Raketen als politischer Trumpf
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China strebt globale Handlungsfähigkeit an Bild: REUTERS
Der chinesische Abschuss eines ausgedienten Satelliten im Weltraum hat Aufsehen erregt. Drohen will Peking mit der Machtdemonstration kaum, aber zumindest von Washington und Moskau als Verhandlungspartner auf Augenhöhe wahrgenommen werden.
Der Abschuss eines ausrangierten chinesischen Wettersatelliten im Inneren Weltraum durch eine chinesische Mittelstreckenrakete ist ein Beweis technischer Leistungsfähigkeit, aber kein großes Ereignis. Größere Ereignisse wird es in Zukunft geben, denn China ist auf dem langen Weg zur globalen Macht.
Bisher sind da nur die ersten Schritte getan. Die Antwort auf die Frage, ob die technologische und militärische Rüstung Chinas zur strategischen Konkurrenz mit Amerika, mit Russland, mit Japan oder mit Indien wird, liegt noch weit in der Zukunft, vermutlich jenseits der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts.
Amerikanische Wachsamkeit
Dies ist zwar kein ganz ferner Zeithorizont. Doch es ist auch keine unmittelbare Perspektive militärischer Konfrontationen in Asien und im Pazifik, geschweige denn eine Bedrohung Amerikas oder Australiens durch eine auf Weltraumsatelliten gestützte Angriffsfähigkeit Chinas mit Raketen und Atomwaffen.
Die Reaktionen in Washington und Canberra auf den gelungenen Raketenversuch sind präventiver Natur, zudem ritueller Art: China soll gewarnt werden, die Satelliten- und Raketenentwicklungsprogramme in Amerika sollen mit einer chinesischen Gefahr begründet, die Klienten Amerikas im Westpazifik und in Asien der amerikanischen Wachsamkeit für die gemeinsame Sicherheit versichert werden. Und sie sollen sich daran erinnern, dass diese Sicherheit nur von Amerika gewährleistet werden kann.
Globale Handlungsfähigkeit
Dies ist besonders nützlich im Verhältnis zu Japan. Tokio wird ohnehin von Washington politisch gefordert, das bündnisartige Schutzverhältnis zu Amerika mit militärischen Anstrengungen und Aufwendungen zum Aufbau einer offensivfähigen, weiträumig beweglichen See- und Luftverteidigung mit Raketenabwehr aufzuwerten, um damit Amerika im Fernen Osten zu entlasten. Auf diese Weise soll auch die militärische und rüstungstechnische Kooperation zwischen Amerika, Japan und Australien gestärkt werden, in die Südkorea, Taiwan, die Philippinen und Singapur (mehr oder weniger) einbezogen sind.
China hat seit Deng Hsiao Ping, seit Ende der siebziger Jahre, im Rahmen der Modernisierung seine Streitkräfte stetig umgebaut und partiell auch aufgerüstet. Dieser Prozess wird fortgesetzt werden. Aber es ist unverkennbar, dass China als eine asiatische Macht auch global handlungsfähig werden will, was Nachteile gegenüber Russland, Japan und Amerika ausgleichen würde und Peking Vorteile gegenüber Indien verschaffte.
Kein Interesse an Provokationen
Technisch wie industriell liegt China weit hinter Japan und Amerika zurück. Es ist auf Technologie aus dem Ausland angewiesen, die es angesichts amerikanischer Export-Restriktionen vor allem in Europa zu gewinnen versucht. Es ist abhängig vom Außenhandel und von fremden Investitionen wie nie zuvor in seiner Geschichte.
In dieser Phase seiner Eingliederung in den Welthandel und in die internationale Politik wird Peking Amerika nicht provozieren wollen. Doch die eingeleiteten Programme werden, je nach den Möglichkeiten der chinesischen Wirtschaft und nach den politischen Prioritäten, fortgesetzt werden. Momentane negative Reaktionen im Ausland, auch in Amerika, können dafür in Kauf genommen werden, zumal sie bisher Peking offenkundig nicht erschreckt haben.