Atomstreit : Berlin für „deutliche Verschärfung“ der Iran-Sanktionen
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Vor der früheren amerikanischen Botschaft in Teheran Bild: AFP
Die Bundesregierung ist aber verärgert über den Plan des französischen Präsidenten Sarkozy, alle Konten der iranischen Zentralbank in der EU zu sperren. Die Folgen einer solchen Sanktion seien kaum abzusehen.
Die Bundesregierung dringt im Atomstreit weiterhin auf eine „deutliche Verschärfung“ der Iran-Sanktionen. Sie unterstützt aber nicht den vom französischen Präsidenten Sarkozy unterbreiteten Plan, alle Konten der iranischen Zentralbank in der EU zu sperren. Wenn so der gesamte Zahlungsverkehr mit Iran unterbunden werde, seien die Folgen kaum abzusehen, heißt es in Berlin.
Der Druck auf Iran müsse aber „noch einmal kräftig erhöht werden“, bekräftigte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. London hatte am Montag unter Rückgriff auf britisches Terrorabwehrrecht allen iranischen Banken, also auch der Notenbank, Transaktionen in Großbritannien verboten.
Deutschland könnte das ohne einen einstimmigen EU-Beschluss gar nicht tun. Ähnlich wie die britische Regierung, die sich auf den jüngsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde über ein mutmaßliches iranisches Atomwaffenprogramm berief, hatte Kanada den Stopp fast aller Transaktionen mit iranischen Banken verfügt.
Die Vereinigten Staaten erklärten formell ihre Besorgnis, dass alle iranischen Banken in Geldwäsche verstrickt seien. Das soll Unternehmen weltweit entmutigen, mit iranischen Banken Geschäfte zu machen.
Verärgerung über Sarkozys Vorpreschen
In Berlin herrschte Verärgerung über Sarkozys Vorpreschen. Als „einen der letzten verbliebenen Zahlungskanäle Irans in Europa“ bezeichnen Diplomaten die Tejarat-Bank, welche Niederlassungen in London, Hamburg und Paris hat. Die Bundesregierung will das Ihre getan haben, um diese Bank lahmzulegen, sieht aber noch Handlungsbedarf in Frankreich. Im Sommer hatte Berlin seinen Widerstand dagegen aufgegeben, die ebenfalls in Hamburg ansässige Europäisch-Iranische Handelsbank auf die EU-Sanktionsliste aufzunehmen. Seither kann diese nur noch Zahlungen zur Erfüllung von Altverträgen vornehmen, was die Bundesbank überwacht.
Im Auswärtigen Amt heißt es, die französischen, britischen und amerikanischen Ideen gingen „in die richtige Richtung“, müssten aber „intensiv geprüft“ werden. Deutschland bleibt vor Frankreich und Italien das EU-Land mit dem bei weitem größten Iran-Geschäft. Im Falle viel härterer Finanzsanktionen könnte das gefährdet sein. Auch ein Ausfall von Hermes-Bürgschaften wäre nicht auszuschließen. Das britische Exportvolumen nach Iran beträgt etwa ein Zehntel des deutschen. Dennoch erwägt Berlin ein Verbot aller Direkttransaktionen zwischen europäischen und iranischen Banken.
Andererseits gibt es starke Stimmen in der Bundesregierung, die so lange das deutsche Iran-Geschäft nicht aufgeben wollen, wie Unternehmen etwa aus Russland oder Asien dann das Geschäft übernehmen. Schärfere, weltweit geltende Sanktionen sind derzeit aber nicht durchsetzbar. Die UN-Vetomacht Russland nannte am Dienstag die in London, Ottawa und Washington verhängten Sanktionen „inakzeptabel“ und „völkerrechtswidrig“.
Weitere Sanktionen
Am 1. Dezember dürften die EU-Außenminister in Brüssel Sanktionen verhängen, die sich nach jetzigem Planungsstand gegen 200 weitere Personen und Unternehmen aus dem Land richten sollen. Das wäre eine Fortschreibung der bisherigen Sanktionen, die sich gegen Individuen und Einrichtungen richten, welche direkt mit Irans Atom- und Raketenprogramm in Verbindung stehen. In Europa, aber auch innerhalb der Bundesregierung wird darüber diskutiert, ob nun auch Sanktionen verhängt werden sollen, welche die breite Bevölkerung träfen. Ein Importverbot für Erdöl und ein Exportverbot für Benzin werden ernsthaft erwogen. Iran besitzt zu wenige Raffinerien, um sein Rohöl selbst in ausreichender Menge zu verarbeiten. Traditionell ist Italien bei solchen Maßnahmen skeptisch. Doch sind Diplomaten darauf gefasst, dass deutlich schärfere Sanktionen auch an kleinen EU-Staaten scheitern könnten.
Sanktionen gegen Iran : Amerika kappt alle Finanzverbindungen
Präsident Obama hat schon mit weiteren amerikanischen Sanktionen gedroht. Washington hatte am Montag auch Strafmaßnahmen gegen Personen und Unternehmen verhängt, die mit iranischen Firmen in den Industriebereichen Öl und Petrochemie Geschäfte machen. Schließlich wurden weitere Firmen und Personen auf die bestehende „Schwarze Liste“ aufgenommen.
Würde Amerika Sanktionen gegen die Zentralbank erlassen, dürfte kein Geldinstitut der Welt, das mit dieser handelt, noch Geschäftsbeziehungen in Amerika unterhalten. Diplomaten sagen, Iran würde das als Kriegserklärung werten. Doch ist Obama ohnehin nicht daran interessiert, durch Zwangsmaßnahmen gegen Teheran eine Erhöhung des Ölpreises zu riskieren, die Amerikas Wirtschaft schaden würde.