Smog in China : Dicke Luft in Peking
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Drachen auf schwerer Luft: Kinder spielen in Handan. Bild: picture alliance / Kyodo
In Peking herrscht Alarmstufe Zwei wegen Luftverschmutzung. Selten wurde so offen Kritik an den Behörden und der Regierung geübt. Die aber behilft sich mit Symbolpolitik.
Heute könnte ein schöner Tag sein, blauer Himmel, Sonnenschein, klares Pekinger Winterwetter. Aber die Sonne ist hinter den dicken Schichten schmutziger grauer Luft kaum zu sehen. Sie hängt wie ein müder milchig weißer Ball am Himmel, ihre Strahlen kommen nicht durch. Es herrscht Smog in Peking, wieder einmal. Die dicke Luft drückt auf die Brust und auf die Stimmung. Morgens der erste Blick aus dem Fenster, wie weit kann man heute sehen in der Stadtmitte von Peking? Bis zur zweiten Hochhausreihe gegenüber oder nur bis zur ersten? Wenn der große Hochhausturm auf der anderen Seite der Kreuzung nicht mehr zu erkennen ist, ist es schlimm. Das bestätigt der Blick auf die Smog-App des Mobiltelefons. Laut Messung der amerikanischen Botschaft beträgt die Dichte der Staubteilchen in Peking 432 Mikrogramm pro Kubikmeter, etwa 17 mal so viel wie die Weltgesundheitsorganisation gerade noch als verträglich ansieht. Die Stadtverwaltung von Peking misst wie immer etwas weniger als die Amerikaner, bei ihr sind es aber auch 400 Mikrogramm, immer noch schlimm genug.
Die Fenster bleiben, wie schon in den vergangenen Tagen, geschlossen, es gibt keine frische Luft, die man in die Wohnung lassen könnte. In den Zimmern läuft stattdessen der bei der letzten „Airpocalypse“ im vergangenen Jahr angeschaffte Luftreiniger pausenlos, beim Gang vor die Tür kommt eine Atemmaske vors Gesicht. Ob sie tatsächlich die kleinen Teilchen aus den Atemwegen fernhält, weiß man nicht, doch fühlt man sich eindeutig besser mit dem Zellstoff vor der Nase. Die Stadtverwaltung empfiehlt, Aktivitäten außerhalb des Hauses zu vermeiden, doch schließlich muss man zur Arbeit gehen, Dinge erledigen. Die Kinder müssen in die Schule. Dort ist einmal wieder das geplante Fußballspiel draußen auf dem Platz wegen schlechter Luft abgesagt worden. Doch schon allein der Schulweg erscheint besorgten Eltern an solchen Tagen als ein Gesundheitsrisiko.
Seit dem vergangenen Donnerstag hält die Smog-Krise an, und in den Tagen davor war die Luft in Peking nur unerheblich besser. Am Freitag hat die Stadtverwaltung endlich erstmals die dritthöchste Alarmstufe, am Sonntag die zweithöchste ausgerufen. Am Dienstag wurde sie noch einmal um 24 Stunden verlängert, keine Besserung in Sicht soll das wohl heißen. Und alles, was die Pekinger Stadtverwaltung dazu zu sagen hat, ist, dass die Bürger doch besser zuhause bleiben sollten, vor allem Kinder, Alte und gesundheitlich Anfällige.
Airpocalypse
Doch diese Art von Smog ist auch für gesunde und jüngere Menschen ungesund. Hals und Kopfschmerzen melden sich, Kinder husten und schlafen schlecht. In den chinesischen Internetforen wird geschimpft. Der Smog sei ein Albtraum, schreibt ein Blogger, „er hängt über unserem Leben und bindet uns an Händen und Füßen, wird schlimmer und dauert immer länger“. Die alte Devise der Kommunistischen Partei, „dem Volke dienen“, wurde mit einem Wortspiel und anderen Schriftzeichen umgemünzt, sie heißt jetzt in den Internet-Foren „Das Volk mit Smog füttern“.