Anschlag nahe Teheran : Chef des iranischen Atomprogramms ermordet
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Ein Bild des iranischen Staatsfernsehens zeigt den Wagen des Atomphysikers und Raketenspezialisten Mohsen Fakhrizadeh nach dem Anschlag am Freitag. Bild: AFP
Irans wichtigster Atomwissenschaftler wurde nahe Teheran in seinem Wagen erschossen. Der Außenminister des Landes macht Israel für den Anschlag mitverantwortlich.
Der als Kopf des iranischen militärischen Atomprogramms bekannte Physiker Mohsen Fakhrizadeh ist am Freitag bei einem Attentat in der Nähe der Hauptstadt Teheran getötet worden. Das bestätigte Irans Verteidigungsministerium. Fakhrizadeh, ein Offizier der Revolutionsgarden, wurde in seinem Auto durch Schüsse schwer verwundet und verstarb später im Krankenhaus, berichteten die Staatsmedien.
Über die Attentäter wurde zunächst nichts bekannt. Außenminister Javad Zarif machte Israel für die Tötung verantwortlich. „Diese Feigheit – mit erheblichen Anzeichen für eine Beteiligung Israels – zeigt verzweifelte Kriegstreiberei der Täter“, so Zarif auf Twitter. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, „ihre schändlichen Doppelstandards zu beenden und diesen Akt von Staatsterror zu verurteilen.“ Der amerikanische Präsident Donald Trump twitterte den Bericht eines israelischen Journalisten über das Attentat. Zunächst gaben weder Israel noch die amerikanische Regierung offizielle Stellungnahmen ab.
„Merken Sie sich diesen Namen“
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte Fakhrizadeh vor zwei Jahren namentlich vorgeworfen, das geheime Nuklearwaffenprogramm Amad zu führen, das Teheran 2003 weitgehend beendet haben soll. „Merken Sie sich diesen Namen, Fakhrizadeh“, sagte Netanjahu 2018, der Iran und insbesondere Fakhrizadeh vorwarf, das Programm im Geheimen fortzuführen. Iran hatte den Mann stets als einen Professor für zivile Forschung ausgegeben und Ersuchen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA abgewiesen, Fakhrizadeh zu befragen, dem die IAEA 2011 zugeschrieben hatte, in leitender Funktion einen nuklearen Gefechtskopf zu entwickeln. Schon 2008 hatten die Vereinigten Staaten Fakhrizadeh mit persönlichen Sanktionen belegt.
Das Attentat vom Freitag fällt in eine Zeit, in der die amerikanische Regierung unter Donald Trump und Israel ihre Politik des „maximalen Drucks“ auf Teheran weiter erhöhen wollen. Dies soll es dem kommenden Präsidenten Joe Biden erschweren, ein neues Atomabkommen mit Iran zu schließen. Das bestehende Abkommen hatte Trump 2018 verlassen. Biden hat bereits angekündigt, einen neuen Vertrag mit Iran verhandeln zu wollen, was Israel rundheraus ablehnt. Die Tötung Fakhrizadehs und eine mögliche harsche iranische Reaktion eskalieren die Lage und könnten die Bereitschaft zu neuen Verhandlungen mindestens verzögern. Iranische Militärs kündigten bereits harsche Vergeltung an.
Erst in der vergangenen Woche hatte sich der amerikanische Außenminister Mike Pompeo in Israel und Saudi-Arabien aufgehalten. Beide Staaten sind tief verfeindet mit Iran. In Saudi-Arabien soll sich Netanjahu dabei mit Kronprinz Muhammad Bin Salman getroffen haben. Dies veranlasste den früheren israelischen Militärgeheimdienstchef Amos Jadlin Freitagabend zu der Aussage, „umgehend stellt sich die Frage“, ob das Attentat und diese Treffen in Zusammenhang stünden. „Im Zeitfenster, das Trump bleibt, könnte solch ein Schritt Iran zu einer gewaltsamen Antwort führen, die einen Vorwand für einen von Amerika geführten Schlag gegen die Nuklearanlagen bieten würde“, so Jadlin.
Schon vor zwei Wochen war Trump von seinem Stab davon abgehalten worden, Militärschläge auf Iran anzuordnen. Etwa zur selben Zeit hatten für Israel wirkende Agenten in Teheran Berichten zufolge den Terroristen Abdullah Ahmed Abdullah (alias Muhammad al Masri) getötet, der als der zweite Mann von Al Qaida bekannt war.
Israels Dienste waren bereits vor Jahren für Attentate auf iranische Atomwissenschafter verantwortlich gemacht worden, wofür Tel Aviv jedoch nie Verantwortung übernommen hatte. Fakhrizadeh ist nun der mit Abstand bekannteste Wissenschaftler dieser Gruppe, dessen Tötung eine zumindest heftige Symbolik mit sich trägt.
UN-Generalsekretär António Guterres hat Zurückhaltung angemahnt. Man habe Berichte über den Vorfall zur Kenntnis genommen, teilte UN-Sprecher Farhan Haq mit. „Wir fordern Zurückhaltung und sehen es als notwendig an, dass Maßnahmen vermieden werden, die zu einer Eskalation der Spannungen in der Region führen könnten.“