
Anschlag in Nizza : Die Illusion von Sicherheit
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Angehörige von Opfern trauern in Nizza um ihre getöteten Verwandten. Bild: AP
Der Anschlag von Nizza führt Frankreich auf schmerzlichste Weise vor Augen, dass der Krieg gegen den Terror noch längst nicht beendet und mitnichten nur auf die Hauptstadt beschränkt ist.
Der Terroranschlag vom 14. Juli hat eine rekonvaleszente Nation ins Mark getroffen und die Wunden des Terrorjahres 2015 aufgerissen. In Nizza wurden gleich zwei Hoffnungen zerstört: Nach einer glimpflich verlaufenen Europameisterschaft wähnte Frankreich den größten Terrorschrecken hinter sich. Jetzt ist dem Land jäh bewusst geworden, dass der Krieg gegen den Terror längst nicht beendet ist.
Zudem hat sich an der Promenade des Anglais das Wunschdenken verflüchtigt, die islamistischen Angriffe mit vielen Toten würden auf die Hauptstadt als Wahrzeichen der Republik konzentriert bleiben. Zehn Monate vor den Präsidentenwahlen wird es Präsident François Hollande nicht mehr gelingen, angesichts der Trauer über die Opfer die politische Debatte über den Anti-Terror-Kampf zu unterbinden.
Im vergangenen Januar hatte der Präsident noch erfolgreich die Opposition zu Solidarität verpflichtet und einen parteiübergreifenden „republikanischen Marsch“ organisiert. Sogar der Front National war zeitweise verstummt. Schon im November bröckelte diese Allianz gegen den Terror. Doch nun wird Hollande Fragen nicht länger ausweichen können, wie es zum dem neuen Terroranschlag kommen konnte.
Auf den Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission, der am 12. Juli vorgelegt wurde, hatte der Präsident nicht reagiert. Dabei prangerte die Kommission schwerwiegende strukturelle Mängel bei den Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden an. Es ist zu erwarten, dass sich die Regierung nun ernsthafter mit den Empfehlungen der Kommission befassen muss.
Diese Gelegenheit wird sich Le Pen nicht nehmen lassen
In dem Bericht werden auch Zweifel an der Wirksamkeit der Notstandsgesetzgebung aus dem Jahr 1955 im Anti-Terror-Kampf laut. Zudem beklagten die Kommissionsmitglieder, dass der Einsatz der Soldaten an der Heimatfront völlig ineffizient sei. Hollande hat diese berechtigte Kritik nicht berücksichtigt. Er kündigte noch in der Nacht an, die Notstandsgesetze um drei Monate zu verlängern und weiterhin Soldaten zum Schutz von Bahnhöfen, Flughäfen und anderen „sensiblen“ Orten einzusetzen.
Die Opposition, allen voran Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, wird es sich nicht nehmen lassen, den Präsidenten für das Scheitern der Anschlagsprävention verantwortlich zu machen.