Taliban gehen gegen IS vor : Gefechte in Kabul nach Anschlag auf Trauerfeier
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Nach dem Anschlag stehen Taliban am Sonntag vor der Notaufnahme eines Kabuler Krankenhauses Bild: Polaris/laif
Nach dem Anschlag auf die Trauerfeier eines ranghohen Taliban-Funktionärs gehen Spezialeinheiten der Islamisten gegen eine mutmaßliche IS-Zelle in Kabul vor. Drei Terroristen seien durch ihre eigenen Sprengstoffgürtel „neutralisiert“ worden, heißt es.
Nach dem Anschlag auf die Trauerfeier für die Mutter von Taliban-Sprecher Zabihullah Mudschahid in Kabul sind die Islamisten in der Afghanischen Hauptstadt gegen mutmaßliche Kämpfer des „Islamischen Staates“ vorgegangen. In der Nacht zu Montag wurden mehrere Gefechte im 17. Stadtbezirk gemeldet. Auf Bildern waren eine Rauchsäule über dem Viertel und brennende Häuser zu sehen. Mudschahid schrieb am Montag auf Twitter, eine Sondereinheit des Islamischen Emirats habe eine Operation gegen IS-Kämpfer durchgeführt. Dabei seien eine Zelle des IS komplett zerstört und mehrere IS-Mitglieder getötet worden. In einer anderen Twitter-Meldung aus dem Umfeld der Taliban war von drei getöteten IS-Terroristen die Rede, die durch ihre eigenen Sprengstoffgürtel „neutralisiert“ worden seien. Ein Regierungsangestellter sagte der Nachrichtenagentur AFP, eine „große Anzahl“ von Taliban-Spezialkräften habe mindestens drei Häuser in seinem Viertel angegriffen. Die Kämpfe hätten mehrere Stunden angedauert.
Am Sonntagnachmittag waren bei einer Explosion vor der bekannten Eid-Gah-Moschee in Kabul mindestens fünf Menschen getötet worden. In dem Gebäude fand zu dieser Zeit die Trauerfeier für die vergangene Woche verstorbene Mutter von Taliban-Sprecher Mudschahid statt. Unbestätigten Berichten zufolge sollen mehrere ranghohe Taliban anwesend gewesen sein. Mudschahid hatte am Tag zuvor Freunde und Anhänger über Twitter zu der Zeremonie eingeladen. Es war der erste Anschlag in Kabul seit der verheerenden Bombenexplosion vor dem Flughafen, bei dem Ende August während der Evakuierungsmission mindestens 180 Menschen getötet worden waren. Zu der Tat hatte sich damals die Gruppe ISKP bekannt, ein mit den Taliban verfeindeter Ableger des „Islamischen Staates“ in Afghanistan und Pakistan.
Eine Bestätigung, dass ISKP auch hinter dem Anschlag vom Sonntag steckte, gab es zunächst nicht. Allerdings hat die Gruppe, die trotz herber Verluste in den vergangen Jahren noch über mehrere tausend Kämpfer verfügen soll, ihre Angriffe seit der Machtübernahme der Taliban intensiviert. Vor allem aus der Provinz Nangarhar an der pakistanischen Grenze war es in den vergangenen Wochen zu einer Serie von Anschlägen auf Taliban-Einheiten gekommen.
Berichten zufolge wurden in der Provinzhauptstadt Dschalalabad erst am Samstag vier Taliban und ein Kind von Unbekannten erschossen. In der Gegend gehen die Taliban seit mehreren Tagen verstärkt mit Spezialkräften gegen IS-Anhänger vor, die dort ihre Hochburg haben. Zahlen über getötete oder festgenommene Terroristen sind schwer zu bekommen. Am Wochenende kursierte ein Bild von einem gefangengenommenen ISKP-Kommandeur. Aus Dschalalabad wurde berichtet, dass fünf Männer öffentlich gehängt worden seien. Drei von ihnen seien durch Schilder an ihrer Brust als mutmaßliche IS-Anhänger gekennzeichnet gewesen. Auch aus der nördlich von Kabul gelegenen Provinz Parwan wurde am Wochenende von Übergriffen auf Taliban-Einheiten berichtet.