Peru : Der Sklavenstaat von Genosse José
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Befreit: Frauen und Kinder, die jahrelang in den Händen des „Leuchtenden Pfad“ waren, auf einer Militärbasis in Peru Bild: Reuters
Der „Leuchtende Pfad“ hält in Peru noch immer etwa hundert Gefangene fest. Von den kriminellen Machenschaften eines Drogenkartells ist der Kampf der Guerrillaorganisation kaum noch zu unterscheiden.
Sie sind wie Geistergestalten aus einer längst überwunden geglaubten dunklen Vergangenheit. Acht Erwachsene und sieben Kinder im Alter von vier bis 13 Jahren wurden am Wochenende vom peruanischen Militär unblutig aus den Händen der maoistischen Terrororganisation „Sendero Luminoso“ (Leuchtender Pfad) befreit. Die Kinder litten an Unterernährung und Hautkrankheiten, teilte der stellvertretende Verteidigungsminister Iván Vega mit. Schon am vergangenen Montag waren beim Hubschrauber-Einsatz eines 120 Mann starken Sonderkommandos der peruanischen Streitkräfte 26 Kinder, zehn Frauen und drei Männer aus einem Lager des „Leuchtenden Pfads“ befreit worden.
Viele der Gefangenen gehören zur indigenen Volksgruppe der Asháninka. In „Produktionslagern“ mussten sie in dem unzugänglichen Gebiet zwischen Andenhochland und Amazonasdschungel im Südosten Perus wie Sklaven Feldarbeit verrichten und Vieh züchten. Die Frauen unter den Gefangenen wurden von den Guerrilleros vergewaltigt. Manche Kinder wurden nach Vergewaltigungen weiblicher Gefangener in dem Lager geboren, von klein auf militärisch ausgebildet und politisch indoktriniert, um mit 13 Jahren schließlich in die Ränge der Guerrilleros eingegliedert. zu werden. Viele der Kinder und Jugendlichen hätten sich deshalb ihrer Befreiung durch die Streitkräfte zunächst zu widersetzen versucht, teilten die Behörden mit.
Nach Angaben der Regierung in Lima konnten die Sicherheitskräfte das Lager nach jahrelanger eigener Aufklärungsarbeit sowie dank der Informationen eines Mannes ausheben, dem vor gut einem Monat die Flucht gelungen war. „Seit 30 Jahren haben wir so gelebt“, sagte einer der befreiten Frauen der peruanischen Tageszeitung „La República“. Eine 70 Jahre alte Frau berichtete, vor 25 Jahren aus einem Kloster entführt worden zu sein. „Nach dieser Aktion hat der ,Leuchtende Pfad’ eine große Zahl seiner Leute verloren“, sagte Vize-Verteidigungsminister Vega. „Die Kriminellen müssen verstehen, dass die Bevölkerung nicht versklavt werden kann. Peruaner sind keine Sklaven. Die Regierung wird das nicht zulassen“, versicherte Vega.
Mit der Einlösung dieses Versprechens ist die Regierung freilich schon acht Jahre im Verzug. Nach Angaben peruanischer Medien befinden sich noch immer mehr als 100 Gefangene in der Gewalt des „Leuchtenden Pfads“. Sie werden in zwei Lagern im Hochtal der Flüsse Apurímac, Ene und Mantaro festgehalten. Das „Valle de los ríos Apurímac, Ene y Mantaro“ ist in Peru unter der Abkürzung VRAEM bekannt. Es gehört zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Regionen des Landes. Seit 2007 ist das VRAEM eines jener Gebiete, das gemäß der Nationalen Strategie für Wachstum besonders von staatlichen Investitionen in die Infrastruktur, das Gesundheits- und das Bildungswesen profitieren soll. Vor allem aber soll es gemäß einem Versprechen der Regierung bis Juli 2016, wenn die fünfjährige Amtszeit von Präsident Ollanta Humala endet, befriedet werden. Seit Jahr und Tag gilt in dem Gebiet der Ausnahmezustand.