Auslaufen des EU-Embargos : Merkel: Werden auf keinen Fall Waffen nach Syrien liefern
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Nicht auf dem neuesten Stand: Waffen syrischer Rebellen, präsentiert vom Regime in Damaskus Bild: dpa
Bundeskanzlerin Merkel hat die Lieferung von Waffen nach Syrien auch nach Auslaufen des EU-Waffenembargos kategorisch ausgeschlossen. Die syrische Regierung wirft der Europäischen Union derweil „politische Heuchelei“ vor.
Nach der Aufhebung des Waffenembargos der Europäischen Union für die syrischen Rebellen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Lieferungen aus Deutschland kategorisch ausgeschlossen. Kanzlerin Merkel sagte am Mittwoch in Berlin, dass Deutschland „in keinem Falle, egal wie sich andere Länder zum Waffenembargo verhalten, Waffen nach Syrien in ein Bürgerkriegsgebiet liefern würde“. Sie hob hervor, dass in der EU Einigkeit erzielt worden sei, die Wirtschaftssanktionen gegen das Regime aufrechtzuerhalten.
Obwohl es beim Waffenembargo keine gemeinsame Position gegeben habe, könne die EU „eine wichtige Rolle“ in Zusammenhang mit der geplanten Syrien-Konferenz spielen. Deutschland setze sich für ein Zustandekommen ein, sagte die Kanzlerin nach einem Gespräch mit dem litauischen Ministerpräsidenten Algirdas Butkevicius.
Das EU-Waffenembargo wird auf Drängen Frankreichs und Großbritanniens auslaufen. Die beiden militärisch stärksten Staaten der EU haben bislang offengelassen, ob sie Assads Gegner demnächst mit Waffen versorgen wollen. Sie wollen den Staatschef aber unter Druck setzen, einer Verhandlungslösung zuzustimmen.
Assad: Heuchelei
Die syrische Regierung warf hat der EU unterdessen vor, sie behindere eine politische Lösung des Syrienkonfliktes. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte in der Nacht zum Mittwoch, die Entscheidung, Waffenlieferungen an die Rebellen zu erlauben und gleichzeitig die Wirtschaftssanktionen aufrechtzuerhalten, zeige die „politische Heuchelei“ der Regierungen Frankreichs und Großbritanniens. Diese behaupteten, ihnen gehe um die Interessen des syrischen Volkes, während sie in Wirklichkeit Waffen an Terroristen liefern wollten.
Die syrischen Rebellen dankten den EU-Staaten für ihren Beschluss, die Revolutionäre demnächst von ihrem Waffenembargo gegen Syrien auszunehmen. In einer Erklärung der Nationalen Syrischen Koalition, die derzeit in Istanbul tagt, hieß es jedoch: „Es ist notwendig, dass dieser wichtige Beschluss rasch umgesetzt wird, damit die Freie Syrische Armee über spezielle Waffen verfügt, die notwendig sind, um die heftigen Angriffe von Assads Truppen, Hisbollah-Milizionären und Iranern auf wehrlose Zivilisten zurückzuschlagen.“
Was mögliche Waffenlieferungen erschwert, ist die Zerstrittenheit der Opposition, die bei ihrer bereits seit sechs Tagen andauernden Konferenz in Istanbul auch am Mittwoch keine Entscheidung zustande brachte. Aus Delegationskreisen hieß es, es werde immer noch darüber gestritten, welche Oppositionellen als zusätzliche Mitglieder in die Führungsgremium der Nationalen Syrischen Koalition aufgenommen werden sollten. In einer Erklärung von Revolutionsaktivisten hieß es dazu, die Oppositionellen würden ihrer großen Verantwortung nicht gerecht. Sollten sie keine Fortschritte erzielen, müssten sich die Aktivisten eine komplett neue politische Vertretung suchen.
Vereinte Nationen warnen vor Massaker-Gefahr
Die Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen, Navi Pillay, rief die internationale Gemeinschaft zum Verzicht auf Waffenlieferungen an Syrien auf. „Die Botschaft unseres Treffens sollte klar sein: Wir heizen diesen Konflikt nicht mit Waffen, Munition, Politik oder Religion an“, sagte Frau Pillay vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am Mittwoch in Genf.
Wenn sich die Lage in Syrien nicht ändere oder sogar weiter verschlechtere wachse die Gefahr von Massakern unter den verschiedenen Volksgruppen, warnte Pillay. Deshalb sollten Waffenlieferungen unterbleiben und die Bemühungen um eine diplomatische Lösung verstärkt werden. Russland hatte auf die Entscheidung der EU, das Waffenembargo auslaufen zu lassen, mit der Ankündigung reagiert, Assad mit S-300 Flugabwehrraketen zu beliefern.
Weitere Todesopfer in Homs
Unterdessen gab es weitere Todesopfer: Drei Studenten und ein Kind wurden durch eine Rakete getötet, die in dem von Alawiten bewohnten Akrama-Viertel in der syrischen Stadt Homs einschlug. Wie die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter berichtete, ist unter den Opfern ein Neffe des Oppositionellen Mohammed Salah.
Präsident Assad gehört der religiösen Minderheit der Alawiten an. Er stützt sich bei der Bekämpfung des Aufstandes, der im März 2011 begonnen hatte, vor allem auf Angehörige seiner eigenen Religionsgemeinschaft. Es gibt aber auch in der Opposition Alawiten.
Derweil töteten Unbekannte in der Provinz Hassakeh sechs Mitglieder des Al-Muslat-Familienclans in ihren Häusern. Salim al Muslat war zuletzt in Oppositionskreisen als möglicher Ministerpräsident einer Übergangsregierung gehandelt worden. Revolutionsaktivisten zählten bis zum Nachmittag 63 Tote. Neun von ihnen sollen an den Folgen der Folter gestorben sein.