Afghanistan : Mehrere Tote bei Protesten gegen Koranverbrennung
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Polizisten fliehen in Kabul vor steinewerfenden Demonstranten Bild: REUTERS
Die Proteste in Afghanistan gegen die Koranverbrennung durch amerikanische Soldaten sind am Mittwoch eskaliert: bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten in mehreren Städten wurden mindestens vier Personen getötet. Auch in Kabul kam es zu Ausschreitungen.
Die Proteste gegen amerikanische Soldaten in Afghanistan haben am Mittwoch auf das ganze Land übergegriffen. Dabei wurden mindestens vier Personen getötet, mehr als zwanzig weitere wurden verletzt. Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften wurden aus der Hauptstadt Kabul, der nördlichen Provinz Prawan und aus dem ostafghanischen Dschalalabad gemeldet. Auch im westafghanischen Herat gingen Tausende auf die Straßen. Die Taliban unterstützten die Proteste und riefen alle „nationalistischen afghanischen Muslime“ auf, die ausländischen Truppen anzugreifen.
Anlass der Proteste sind verkohlte Koranexemplare, die von afghanischen Arbeitern am amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Bagram gefunden wurden. Die Internationale Schutztruppe Isaf bestätigte, dass Soldaten Ausgaben des Korans versehentlich in einer Verbrennungsanlage entsorgt hätten. In Militärkreisen hieß es, die Exemplare seien aus dem Verkehr gezogen worden, weil sich darin Insassen mit Notizen ausgetauscht hätten. Isaf-Kommandeur John Allen befahl den Truppen, in den kommenden zwei Wochen Schulungen zum angemessenen Umgang mit islamischen Devotionalien zu besuchen. Allen und auch der amerikanische Verteidigungsminister Leon Panetta entschuldigten sich für den Vorfall.
Die amerikanische Botschaft in Kabul, die UN und internationale Hilfsorganisationen wiesen ihre Mitarbeiter am Mittwoch an, einstweilen den Straßen fernzubleiben. In der Hauptstadt wurden Geschäfte angegriffen und Fahrzeuge zerstört. Augenzeugen berichteten, mit Eisenstangen und Steinschleudern bewaffnete Demonstranten hätten Polizisten attackiert und einen Lastwagen in Brand gesteckt. Die Sicherheitskräfte seien verstärkt worden, um die Protestzüge von der Innenstadt abzuhalten, teilte die Polizei mit.
Hunderte zogen vor ein Wohngebäude, in dem Ausländer leben, und riefen: „Tod für Amerika“. In Dschalalabad wurden nach Angaben der Provinzregierung sechs Tanklastwagen angezündet. Im vergangenen Frühjahr waren in Afghanistan bei tagelang andauernden Protesten gegen die Koranverbrennung eines Predigers in Florida mehr als zwanzig Menschen getötet worden, unter ihnen sieben ausländische UN-Mitarbeiter.