Ein Student spielt vor der russischen Botschaft in Riga auf einem Klavier in den ukrainischen Landesfarben. Bild: EPA
Am „Tag des Sieges“ am 9. Mai zeigt sich jedes Jahr, wie unterschiedlich Letten und russische Minderheit Vergangenheit und Gegenwart sehen. Was passiert nun angesichts des Kriegs in der Ukraine?
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Tatjana Andrijeca und ihr Freund Anton kommen mit orange-schwarz gestreiften Schals zum Treffen in einem Café im Zentrum von Riga. Das ist eine bewusste Provokation, ganz besonders an diesem Tag und an diesem Ort. Es ist der 4. Mai, Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Lettlands von 1990 und Nationalfeiertag; das Freiheitsdenkmal, an dem der Blumenschmuck dieses Jahr nicht im Rot-Weiß-Rot der lettischen Fahne gehalten ist, sondern im Blau-Gelb der Ukraine, liegt nur zweihundert Meter entfernt. Die Bedienung im Café schleicht immer wieder um den Tisch und beäugt die beiden misstrauisch. Durch das Fenster sieht man eine Gruppe von Menschen in lettischen Trachten, die zum Freiheitsdenkmal zieht. Die beiden schauen ihnen verächtlich hinterher: „Da sind die Nationalisten“, sagt Anton.
Einen Schal zu tragen ist an diesem Tag in Riga trotz der Frühlingssonne eine gute Entscheidung, denn ein eisiger Wind weht durch die Stadt. Doch die Schals von Tatjana und Anton sind nicht von einem in Lettland verbotenen politischen Symbol zu unterscheiden. Stoffbänder mit drei schwarzen und zwei orangen Streifen, die sogenannten Georgsbändchen, dienten in Russland seit Mitte der Nullerjahre zunächst als Symbol für den sowjetischen Sieg über den Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg.
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