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Assad-Truppen beschießen Flüchtlinge : Grenzgefecht zwischen Syrien und Jordanien

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Flüchtlingscamp in Jordanien: Nach dem Grenzzwischenfall herrscht Angst vor einer Ausweitung des Konflikts.

Flüchtlingscamp in Jordanien: Nach dem Grenzzwischenfall herrscht Angst vor einer Ausweitung des Konflikts. Bild: AFP

An der syrisch-jordanischen Grenze ist es zu einem Gefecht zwischen Assad-Truppen und der jordanischen Armee gekommen. Zuvor hatten syrische Truppen auf Flüchtlinge geschossen.

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          Im Syrien-Konflikt ist es zu einem Grenzgefecht zwischen der Armee und jordanischen Truppen gekommen. Dabei seien auch gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt worden, sagte ein Vertreter der syrischen Opposition. Die Auseinandersetzungen in der Region Tel Schihab Turra seien am Freitagabend ausgebrochen, als syrische Truppen auf Flüchtlinge geschossen hätten, die die Grenze nach Jordanien überqueren wollten. Es ist der bislang schwerste Vorfall an der Grenze seit Beginn des Aufstands gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad vor 17 Monaten.

          Ein Vertreter Jordaniens bestätigte die Angaben. Es habe auf jordanischer Seite anscheinend keine Verluste gegeben, sagte er. Unter den Flüchtlingen waren syrischen Aktivisten zufolge Dutzende hochrangige Offiziere der Assad-Armee. Die jordanischen Sicherheitskreise konnten nichts über die Identität der Flüchtlinge sagen. Einige der Ankommenden hätten jedoch eine Vorzugsbehandlung erhalten. Sie seien an einen geheimen Ort gebracht worden, an dem syrische Deserteure beherbergt würden.

          Bislang schwerster Zwischenfall seit Beginn des Aufstands

          Zwar haben auch schon in der Vergangenheit jordanische Truppen auf syrische gefeuert, um den Beschuss von Flüchtlingen zu stoppen. Doch war dies der bislang schwerste Zwischenfall an der Grenze seit Beginn des Volksaufstands, der inzwischen zu einem Bürgerkrieg anwuchs.

          Zuvor hatten bereits der Abschuss eines türkischen Militärjets durch die syrische Luftabwehr im Juni und der Beschuss libanesischer Dörfer durch Assad-Truppen die Furcht vor einer Ausbreitung des Konflikts in der Region geschürt. Seit Beginn des Aufstandes haben nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) 150.000 offiziell registrierte Flüchtlinge Schutz in der Türkei, Jordanien, im Libanon oder im Irak gesucht.

          Clinton zu Gesprächen in der Türkei

          Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton will unterdessen am Samstag bei einem Besuch in der Türkei über den Konflikt beraten. Die Vereinigten Staaten verschärften inzwischen ihre Sanktionen gegen die Führung in Damaskus. Ziel ist abermals Syriens staatliche Ölgesellschaft Sytrol wegen ihrer Geschäfte mit dem engen Verbündeten Iran, dem die Vereinigten Staaten die heimliche Arbeit an Atomwaffen vorwerfen.

          Zudem beschuldigte Washington die libanesische Islamistenmiliz Hisbullah als Helfer Assads. Die Vereinigten Staaten werfen der Gruppe, die sie seit langem als Terrororganisation einstufen, Ausbildung und umfassende logistische Unterstützung der syrischen Führung vor. Die Maßnahmen dürften aber eher symbolischen Charakter haben, da sich Russland und China im UN-Sicherheitsrat weiter gegen schärfere internationale Sanktionen gegen Syrien sperren.

          Der Favorit auf die Nachfolge des zurückgetretenen UN-Syrien-Gesandten Kofi Annan, der frühere algerische Außenminister Lakhdar Brahimi, appellierte an die internationale Gemeinschaft, ihre Differenzen zu überwinden. „Der UN-Sicherheitsrat und die regionalen Mächte müssen gemeinsam sicherstellen, dass der politische Übergang so schnell wie möglich stattfinden kann“, forderte er in einer im Internet veröffentlichten Erklärung. „Millionen Syrier rufen nach Frieden.“ Die Weltgemeinschaft dürfe nicht länger darüber streiten. Annan, der sein Amt Ende des Monats aufgibt, hatte seinen Rücktritt damit begründet, dass sich die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats im Syrien-Konflikt gegenseitig blockierten.

          Allerdings gehen die Tage der Assad-Herrschaft nach Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes (BND) möglicherweise schon bald dem Ende zu. „Es gibt viele Anhaltspunkte dafür, dass die Endphase des Regimes begonnen hat“, sagte BND-Chef Gerhard Schindler der Zeitung „Die Welt“ (Samstagsausgabe). Assads Armee habe rund 50.000 ihrer einst 320.000 Soldaten verloren. Darunter seien viele Verwundete, Deserteure und 2000 bis 3000 Überläufer zur militanten Opposition, die nach BND-Erkenntnissen aus rund 20.000 Kämpfern bestehe. „Die Erosion des Militärs hält an.“ Die kleinen, regional verankerten und wendigen Rebellengruppen zermürbten mit ihrer Art von Guerillataktik die Armee zunehmend.

          Vier Reporter von Bewaffneten verschleppt

          Ein der Assad-Regierung nahestehender syrischer Fernsehsender hat unterdessen die Entführung von vier seiner Mitarbeiter gemeldet. Die vier seien am Freitag in Al Tal, einem nördlich gelegenen Vorort der Hauptstadt Damaskus, von Bewaffneten verschleppt worden, als sie von dort berichtet hätten, sagte der Geschäftsführer des Fernsehsenders Al Ichbarija, Imad Sarah. In der Gegend kam es am Samstag zu Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen.

          Al Ichbarija und andere Fernsehsender, die der syrischen Regierung nahestehen, sind seit Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime im März 2011 häufig Ziel von Anschlägen geworden. Vor wenigen Tagen wurde die Zentrale des syrischen Staatsfernsehens in Damaskus von einer Bombenexplosion erfasst. Dabei wurden mehrere Mitarbeiter verletzt.

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