
Kommentar : Mittel zum Zweck
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Ihre Tweets führten schon zur Stillegung ihres Kontos: Beatrix von Storch filmt mit ihrem Smartphone im Deutschen Bundestag Bild: dpa
AfD-Politikerin Beatrix von Storch betreibt Volksverhetzung auf dem Rücken der Toten und Verletzten von Münster. Perverser geht es nicht.
Noch war das ganze Ausmaß des Grauens für niemanden erkennbar, da waren schon die ersten politischen Wegelagerer zur Stelle und hofften auf ihren Teil der Beute. Mit ihrem Tweet „Wir schaffen das“ spannt die stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion Beatrix von Storch einen Bogen von den ersten Bildern aus Münster an einem Frühlingssamstag im Jahr 2018 zu der Öffnung der deutschen Grenzen für Flüchtlinge im Spätsommer 2015, von dem Ende der Amokfahrt eines (wie man inzwischen vermuten muss) Psychopathen zu der tätigen Willkommenskultur der bundesdeutschen Gesellschaft. Pietätloser, perfider, ja perverser geht es nicht. Was Frau von Storch und ein erheblicher Teil ihrer Spießgesellen hierzulande systematisch betreiben, ist mehr als nur geistige Brunnenvergiftung. Es ist Volksverhetzung auf dem Rücken von Toten und Verletzten, die ihnen nur Mittel zum Zweck sind.
Nur unwesentlich leichter machte es sich indes Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime. In welcher Welt lebt der Mann, wenn er der deutschen Gesellschaft vorhält, in jedem Muslim, der Straftaten begeht, einen religiösen Extremisten zu sehen, in jedem deutschen Gewaltverbrecher aber einen psychisch kranken Menschen, der Mitleid heischt? Die „Islamophobie“, die Mazyek wortreich beklagt, ist angesichts solcher Verzerrungen der Wirklichkeit eine leider sich selbst erfüllende Prophezeiung.
Es ist eine Illusion, dass sich eine offene Gesellschaft hundertprozentig gegen religiöse Extremisten schützen kann, denen nichts heilig ist, nicht einmal ihr eigenes Leben. Dieses Wissen entbindet den Staat aber nicht von der Verpflichtung, alles Menschenmögliche zu tun, um die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. Die Festnahmen vom Sonntag in Berlin sind – bei allem Erschrecken über die Absichten der Festgenommenen – ein beruhigendes Zeichen. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch die Wehrlosigkeit gegenüber Mitbürgern wie dem Kopiloten Andreas L. oder jetzt dem Amokfahrer von Münster, die aus einem unerforschlichen Ratschluss heraus nichtsahnende, ihnen gänzlich unbekannte Menschen wahllos mit in den eigenen Tod reißen.

in der politischen Redaktion verantwortlich für „Die Gegenwart“.
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