Amerikanischer Geheimdienst : NSA späht auch die Norweger aus
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Die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg kritisiert die Ausspähaktionen der NSA in ihrem Land Bild: dpa
Unter Berufung auf Dokumente Edward Snowdens berichtet das „Dagbladet“, dass in Norwegen in einem Monat 33,2 Millionen Telefonate ausgespäht worden seien. In Deutschland fordern Union und SPD von Washington, ,„die Privatsphäre unserer Bürger zu schützen“.
Der amerikanische Geheimdienst NSA späht offenbar auch die Telefonate norwegischer Bürger in großem Stil aus. Die norwegische Zeitung „Dagbladet“ berichtete am Dienstag unter Berufung auf Dokumente des früheren amerikanischen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, allein innerhalb eines Monats seien mehr als 33 Millionen Telefonate ausgespäht worden. Zuvor waren bereits ähnliche Ausspähaktionen der NSA in Deutschland, Frankreich, Spanien, Brasilien und Indien enthüllt worden.
Wie die Zeitung berichtete, wurden zwischen Anfang Dezember 2012 und Anfang Januar 2013 fast 33,2 Telefonverbindungen angezapft. Das waren nach Angaben der norwegischen Datenschutzbehörde zehn Prozent aller Telefongespräche, die innerhalb eines Monats in Norwegen geführt werden. Vor und nach diesem Zeitraum könnte es zudem weitere Ausspähaktionen gegeben haben. Dem Bericht zufolge speicherte die NSA zwar nicht den Inhalt der Gespräche, wohl aber Informationen wie die Dauer der Anrufe und die Standorte der Beteiligten.
„Freunde sollten sich nicht ausspähen“
Die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg sagte in einer ersten Reaktion, „Freunde“ sollten einander nicht ausspähen. Zwar sei die Arbeit von Geheimdiensten „gerechtfertigt“, es müssten aber „konkrete Verdächtigungen und konkrete Bedrohungen“ vorliegen, sagte sie dem Rundfunksender NRK.
Der Leiter der Datenschutzbehörde, Björn Erik Thon, sagte, ein so weit reichendes Ausspähprogramm sei „natürlich nicht akzeptabel“. Die norwegischen Behörden waren nach eigenen Angaben nicht über die Ausspähaktionen informiert. Die beiden großen norwegischen Telefongesellschaften Telenor und Netcom erklärten, sie hätten keine Verbindungsdaten weitergegeben. Eine Sprecherin der amerikanischen Botschaft in Oslo sagte, sie könne sich nicht zu einzelnen Geheimdienstaktivitäten äußern. Amerika sammele aber „wie alle anderen Ländern auch“ Daten.
Weitere NSA-Unterlagen offiziell veröffentlicht
Die Vereinigten Staaten stehen wegen der NSA-Spähaktivitäten seit Monaten international in der Kritik. Der Geheimdienst soll massenhaft E-Mails und Telefonate überwacht haben, unter anderem die Kommunikation von etwa 35 internationalen Spitzenpolitikern. Auch das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll die NSA angezapft haben.
Unterdessen haben die amerikanischen Behörden weitere bisher geheime Unterlagen offengelegt. Unter den am Dienstag veröffentlichten Papieren befindet sich auch jene Entscheidung des geheimen Gerichts, die zur Grundlage für das massenhafte Sammeln von Daten zu Telefongesprächen wurde. Allerdings sind etliche Passagen davon geschwärzt. Außerdem wurden unter anderem einige Ausbildungsunterlagen offengelegt.
„Verlorenes Vertrauen wiederherstellen“
Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union wollen indes nun „verlorenes Vertrauen wiederherstellen“. Ziel sei es, bis nächsten Sommer ein umfassendes Datenschutz-Rahmenabkommen für die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz zu schaffen, hieß es am Montag in einer Erklärung von EU-Justizkommissarin Viviane Reding und dem amerikanischen Justizminister Eric Holder.
Die Lauschangriffe der NSA hätten zu „bedauerlichen Spannungen in den transatlantischen Beziehungen“ geführt. Reding sagte nach den Gesprächen in Washington, erstmals seit drei Jahren zeige die amerikanische Regierung Bereitschaft zu einem solchen Abkommen. Für die EU gehe es darum, dass Europäer in den Vereinigten Staaten die gleichen Rechte hätten wie Amerikaner in Europa. „Die Regierung (in Washington) will jetzt dafür sorgen, dass bei zukünftigen Gesetzgebungen Amerikaner und Europäer gleich behandelt werden und dass ihre Rechte auf Datenschutz gewährt werden“, sagte Reding im ZDF.
Ihrer Ansicht nach könnte es jetzt zu einem „Umschwung in Amerika kommen“. Es gebe in den Vereinigten Staaten beim Thema Datenschutz zumindest Bewegung.
Union und SPD fordern „überprüfbare“ Vertrauensbildung
Unterdessen fordern in Deutschland Union und SPD bei den Koalitionsverhandlungen die Amerikaner auf, nachprüfbare Vereinbarungen zum Schutz deutscher Interessen anzubieten, um das beschädigte transatlantische Verhältnis zu reparieren. „Wir wollen die Regeln, die für den Umgang zwischen Partnern gelten, klarer definieren und streben glaubhafte und überprüfbare Vereinbarungen an, um die Privatsphäre unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen“, heißt es in einem am Montagabend in der Arbeitsgruppe Außenpolitik beschlossenen Papier.
CDU, CSU und SPD bekennen sich zwar ausdrücklich zum transatlantischen Freihandelsabkommen. Zugleich wird aber betont, dass ein Abschluss angestrebt werde, „ohne im Vertrag parlamentarische Kontrolle und gerichtlichen Schutz infrage zu stellen“. Die damit nötige Einbindung des Bundestages und der bisher etwa beim Datenschutz nicht bestehende Rechtsschutz für EU-Bürger in Amerika dürften damit Knackpunkte in den Verhandlungen mit Washington werden. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sollen am Dienstag von der großen Verhandlungsrunde gebilligt werden.