Justiz in Ägypten : Gericht hebt Todesurteile gegen 149 Islamisten auf
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Mitglieder und Anhänger der Muslimbrüder bei einem Prozess in Kairo 2015. In einem Berufungsverfahren sind nun 149 Todesurteile aufgehoben worden. Bild: dpa
149 Anhänger der Muslimbrüder, die in einem Massenprozess in Kairo zum Tode verurteilt worden waren, haben nun die Chance auf einen neuen Prozess. Ein Gericht in Kairo hat das Urteil aufgehoben.
Die ägyptische Justiz hat 149 Todesurteile gegen Anhänger der Muslimbruderschaft aufgehoben. Ein Berufungsgericht gab am Mittwoch dem Einspruch der Angeklagten statt und ordnete eine Wiederaufnahme der Fälle an.
Die Islamisten sollen im August 2013 an den Kämpfen in der Stadt Kerdasa nahe Kairo beteiligt gewesen sein, bei denen eine Polizeistation gestürmt und elf Polizisten sowie zwei Zivilisten getötet worden waren. Vor einem Jahr waren die Angeklagten in erster Instanz schuldig gesprochen worden. Ein Großmufti hatte das Massen-Todesurteil bestätigt.
Wenige Wochen vor den Kämpfen in Kerdasa hatte das Militär unter Führung des damaligen Verteidigungsminister Abd al Fattah al Sisi den islamistischen Präsidenten Mohammad Mursi abgesetzt und war seitdem hart gegen dessen Anhänger vorgegangen. Bei dem Massaker von Rab'a am 14. August wurden laut Human Rights Watch in Kairo mindestens 800 Demonstranten getötet.
Massenprozesse und Massenfreisprüche
Die Todesurteile für 34 weitere Beschuldigte wurden nicht aufgehoben, wie die staatliche Zeitung „Al-Ahram“ berichtete. Sie seien in Abwesenheit verurteilt worden und befänden sich nicht in den Händen der Behörden.
Die ägyptische Justiz wird international für ihre willkürlich erscheinenden Richtersprüche kritisiert. Allein in zwei Massenprozessen im Frühjahr 2014 waren mehr als 1200 Menschen mit der Todesstrafe belegt worden. Später wurden die Strafen der Beschuldigten teilweise in Haft umgewandelt. Die nachträgliche Abschwächung ergangener Todesurteile ist in Ägypten keine Seltenheit. Nur wenige Hinrichtungen wurden in den vergangenen Jahren ausgeführt.
Mursi in Haft, Mubarak frei
Auch der ehemalige Präsident Mursi ist in zwei Instanzen zum Tode verurteilt worden, wogegen er Berufung eingelegt hat. Der frühere Machthaber Husni Mubarak hingegen – dem vorgewurfen wurde für den Tod von mehr als 800 Demonstranten während der Revolution verantwortlich zu sein – wurde 2014 freigesprochen.
Die Muslimbrüder sind seit Dezember 2013 in Ägypten als Terrororganisation verboten. Menschenrechtsorganisation sprechen von mehr als 40.000 politischen Gefangenen. Immer wieder gibt es in dem Land auch Anschläge auf Sicherheitskräfte, für die Islamisten verantwortlich gemacht werden. Auch an diesem Mittwoch starben bei Auseinandersetzungen in Kairo zwei als Islamisten verdächtige Personen, wie die New York Times berichtete. Zwei Polizisten wurden verletzt.